Deutschlands Gegenwart scheint keine Zukunft zu haben. Sämtliche TV-Sender entfliehen zunehmend in Formate der „Living History“. Nachdem die ARD ihren Zuschauern das „Schwarzwaldhaus 1902“ und das „Abenteuer 1900 – Leben im Gutshaus“ nahegebracht hatte, wird man nun Zeuge einer Reise, die nicht in 80 Tagen um, sondern in 70 Tagen in die Neue Welt führt. Unter dem Titel „Windstärke 8 – Das Auswandererschiff 1855“ (23. Mai, 21.45 Uhr) begeben sich insgesamt 45 Personen, unter ihnen 19 Freiwillige, auf die historischen Spuren der Auswanderer vor 150 Jahren, die auf einem traditionellen Topp-segelschoner (Baujahr 1919) nach New York aufbrachen. In siebzig Tagen in die Neue Welt Die „Auswanderer“ kommen sowohl aus Westdeutschland wie auch aus der ehemaligen DDR: etwa Familie Schneider, die einst ausgewandert war, nämlich im Oktober 1989 nach Niedersachsen, oder Oma Almuth, die zuletzt für die PDS im Landtag von Thüringen saß. Bei dem Fazit von Manuela Schneider: „Auf dem Schiff ist es wie in der DDR. Es gibt nichts, aber jeder hat alles“ treffen sie sich. „Smutje“ Piet Ammann (60), Hobbykoch und Gynäkologe, nennt derweil die winzig kleine Kombüse „mein Guantánamo“. Mit dieser Bemerkung schlägt er unbemerkt eine Brücke ins Gestern: Exakt damals, im Jahre 1854, hatten die USA in einer Note an die Adresse Europas erklärt, daß sie Cuba für ihre Sicherheit benötigten und deshalb erobern müßten. Fürwahr, diese Gedanken sind abwegig, und in der Tat – sie folgen dem Fernsehprogramm.