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Ein Jahrhundert BMW-Motorrad: Der Boxer aus Bayern

Ein Jahrhundert BMW-Motorrad: Der Boxer aus Bayern

Ein Jahrhundert BMW-Motorrad: Der Boxer aus Bayern

Eine R 32 von 1923 im BMW-Museum in München. „Kraftfahrzeug des kleinen Mannes“ Foto: picture alliance / imageBROKER | Manfred Bail
Eine R 32 von 1923 im BMW-Museum in München. „Kraftfahrzeug des kleinen Mannes“ Foto: picture alliance / imageBROKER | Manfred Bail
Eine R 32 von 1923 im BMW-Museum in München. „Kraftfahrzeug des kleinen Mannes“ Foto: picture alliance / imageBROKER | Manfred Bail
Ein Jahrhundert BMW-Motorrad
 

Der Boxer aus Bayern

Heute vor 100 Jahren brachte BMW sein erstes Motorrad auf den Markt. Für die einen Kult, für andere unästhetisch. Denn eine Frage bleibt: Wie soll man an den ausladenden Boxerzylindern vorbei seine Beine cool nach vorne ausstrecken?
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DVD, Migration, Bestellen

Das Motorrad feiert ein Comeback auf den Straßen. Noch vor etwa einem Jahrzehnt war Motorradfahren nur noch etwas für Rocker, pensionierte Zahnärzte oder Hayabusa-Wahnsinnige. Jetzt ist das „Mopped“ auch wieder unter der jüngeren Generation beliebt. Vor allem junge Frauen stehen vermehrt auf 125-Kubikzentimeter-Maschinen im sportlichen Design.

Dieser Tage hat eine legendäre Zweirad-Ikone Geburtstag: Das BMW-Motorrad wird runde hundert! Herbst 1923: In Deutschland wütet die Inflation, Stresemann wird Reichskanzler und in Bayern verdichten sich Putschgerüchte. Da präsentiert BMW-Chefkonstrukteur Max Friz am 23. September auf der Deutschen Automobilausstellung in Berlin seine R 32 – das erste Motorrad des Flugzeugwerks aus München.

In Rekordzeit hatte er seinen Entwurf skizziert und ausgearbeitet. Herzstück war der Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor. Vor der Präsentation testete er sein Zweirad beim Oberjochrennen, das 1923 erstmalig stattfand. Autos und Motorräder mußten auf der halsbrecherischen Allgäustrecke mehr als 100 Kurven und einen Höhenunterschied von fast 300 Metern bestehen. Die R-32 schlug sich wacker, und zwei Wochen später stellte Friz sie auf der Deutschen Automobilausstellung in Berlin vor.

Sichere Einnahmen bringen lukrative Behördenverträge

Das erste BMW-Bike und vor allem die Nachfolgerin R 42 wurden in den wilden Zwanzigern zum Verkaufsschlager: Für unter 2.000 Reichsmark bekam man ein zuverlässiges Touren-Krad, das individuelle Ausflüge ins Grüne ermöglichte. Licht, Hupe und Tacho waren im Kaufpreis inbegriffen, wie die Hersteller betonten! Sportliche Erfolge – unter anderem Platz 1 beim Rennen „Rund um Landsberg“ – befeuerten die Vermarktung zusätzlich.

Bis in die Nachkriegs- und Wirtschaftswunderjahre war das Motorrad als „Kraftfahrzeug des kleinen Mannes“ omnipräsent. Doch mit der Verbreitung preiswerter Kleinwagen nahm der Absatz spürbar ab. In den Siebzigern machten günstige und wartungsarme Japaner wie Honda und Kawasaki europäischen Marken fast den Garaus.

Um gegenzuhalten stellte BMW den Produktdesigner Hans A. Muth ein. Während die Japaner auf die Optik englischer 60er-Jahre-Klassiker setzten, sollte Muth mit einem modernen Styling punkten. 1973 sorgte er mit der schnittigen R 90 S für einen Paukenschlag: Das schlanke Bike mit der Glasfaser-Cockpitverkleidung begeisterte Kunde und Kritiker.

BMW hatte Glück im Wettbewerb, auch dank lukrativer Behördenverträge. Nicht nur in Deutschland fährt die Polizei die R-Serie mit dem Boxermotor, auch in England, den Niederlanden und teils auch in den USA. Und natürlich zählt auch bei Staatsbesuchen eine Eskorte aus einem Dutzend BMW-Motorräder zum Standardritual. Ausnahme: Der ungeliebte DDR-Chef Honecker bekam 1987 demonstrativ nur neun statt der protokollarisch vorgeschriebenen zwölf Maschinen als Begleitung.

Als „Bayernhobel“ weltweit populär

Anfang der Achtziger setzten die Münchner auf die neue Gelände-Verrücktheit, die mit der Yamaha-Enduro hereingebrochen war. Die Fachwelt war skeptisch: Ein Mehrzylinder-Kardanantrieb-Motorrad als Endurotyp für Sandpisten und Ackerfurchen? Nicht euer Ernst! Doch die Kritiker guckten blöd, als BMW mit diesem Modell gleich mehrmals die Wüstenrallye Paris-Dakar gewann.

Inzwischen machen Motorräder noch zwei Prozent am Gesamtumsatz des Unternehmens am Petuelring aus. Doch als Marke ist der „Bayernhobel“ weltweit populär, auch dank seiner markanten Formen. Sperenzchen wie der potthäßliche überdachte Motorroller oder ebenso fragwürdige Elektrovehikel seien großzügig vergeben.

Heute wildern die Bayern mit ihrer R18-„Heritage“-Baureihe in den Jagdgründen von Harley Davidson und bieten zahlungskräftigen Senioren klassische Vintage-Tourer inklusive Soundsystem der Gitarrenverstärker-Legende Marshall. Problem: Wie soll man an den ausladenden Boxerzylindern vorbei seine Beine cool nach vorne ausstrecken?

Natürlich polarisieren BMW-Motorräder, und es gibt genug Biker, die sich niemals an die Optik eines Boxermotors gewöhnen wollen (vielleicht auch wegen der Assoziation mit Polizeistreifen), aber für hundert Jahre Erfolgsgeschichte auf einem schwierigen Markt dürfen sich die Münchner mit Recht auf die Schulter klopfen. Und vielleicht sorgt der derzeitige Motorrad-Boom auf den Straßen ja nochmal für überraschende Impulse aus dem Haus mit dem blau-weißen Logo.

JF 39/23 

Eine R 32 von 1923 im BMW-Museum in München. „Kraftfahrzeug des kleinen Mannes“ Foto: picture alliance / imageBROKER | Manfred Bail
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