LEIPZIG. Ein breites Bündnis von Persönlichkeiten aus Medien, Wissenschaft und Politik hat eine grundlegende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert. Nur ein „echter politischer Wille zur Meinungsvielfalt“ könne das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Forums „Leuchtturm ARD“.
Das Bundesverwaltungsgericht wird am 1. Oktober über mögliche strukturelle Mängel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der Sicherung von Meinungsvielfalt verhandeln. In dem Verfahren steht zur Debatte, ob die Beitragspflicht auch dann gilt, wenn der Rundfunk seinem verfassungsrechtlichen Funktionsauftrag nicht gerecht wird.
Darf die Rundfunkgebühr verweigert werden?
Die Kläger hatten in den Vorinstanzen argumentiert, der öffentlich-rechtliche Rundfunk verfehle strukturell die Vorgaben aus Artikel 5 des Grundgesetzes. Solange dieser Zustand andauere, könne sie nicht zur Zahlung verpflichtet werden. Die Verwaltungsgerichte seien nach ihrer Auffassung verpflichtet, diesen Vorwurf selbst zu prüfen.
Der Bayerische Rundfunk wies dies zurück. Es gebe kein einklagbares Recht auf bestimmte Inhalte oder Programmvielfalt. Über die Einhaltung des Auftrags wache allein der Rundfunkrat. Die Gerichte erklärten, ein Leistungsverweigerungsrecht bestehe nicht. Programmkritik müsse an die Gremien gerichtet werden. Der Verwaltungsgerichtshof stellte klar, es könne der Beitragspflicht „nicht entgegengehalten werden, das Programmangebot sei nach seiner Gesamtstruktur nicht auf Ausgewogenheit und Vielfalt ausgerichtet“.
Das Bundesverwaltungsgericht ließ dennoch die Revision zu. Es betonte die grundsätzliche Bedeutung der Frage, „ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden kann, der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, werde strukturell verfehlt, so daß es an einem individuellen Vorteil fehle“. Kurzgesagt: Das Gericht will klären, ob man die Rundfunkgebühr verweigern darf, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk dauerhaft keine echte Meinungsvielfalt bietet.
Prominente unterschreiben für „Meinungsvielfalt“
Die Initiative sieht im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein „reformbedürftiges und reformfähiges“ System, das wieder zu einer verläßlichen Plattform für Meinungsvielfalt werden müsse. Ziel sei eine staatsferne Kontrolle durch Beitragszahler sowie die Stärkung unabhängigen Journalismus. Die Beitragspflicht könne, so die Erklärung, zu einer „Demokratieabgabe“ weiterentwickelt werden – sofern der Rundfunk seinem Auftrag künftig gerecht werde.
Zu den Unterstützern des Forums zählen unter anderem der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot, die Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld sowie der frühere SPD-Politiker Thilo Sarrazin. Auch ehemalige Mitarbeiter öffentlich-rechtlicher Sender haben sich dem Aufruf angeschlossen. (sv)