Auf einmal geht es einfach nicht mehr. Auf einmal tut sich wie aus dem Nichts auf der Insel Inisherin an Irlands Westküste ein Graben auf zwischen Pádraic (Colin Farrell) und seinem alten Kumpel Colm (Brendan Gleeson): Colm will mit Pádraic nichts mehr zu tun haben. Ohne daß einer von ihnen sich eines besonderen Vergehens schuldig gemacht hätte, gibt es da plötzlich einen Riß, der nicht mehr zu kitten ist.
Man mußte kein großer Prophet sein, um vorauszusagen, daß die irische Produktion „The Banshees of Inisherin“ zu den Gewinnern bei den diesjährigen Golden Globes gehören würde, die alljährlich zu Beginn des Filmjahres verliehen werden. Die schwarze Komödie von Martin McDonagh ist schlicht und einfach der Film der Stunde, der Film zur Spaltung sozusagen, die Millionen von Menschen in den vergangenen Jahren genauso schmerzlich erlebt haben wie Colin Farrell als Pádraic. Ein Riß ging durch Freundeskreise, Nachbarschaften, Familien, selbst Ehepartner nicht nur in unseren Zwanzigern, sondern auch in denen des 20. Jahrhunderts – zur Zeit des irischen Bürgerkriegs, dem historischen Hintergrund von „The Banshees of Inisherin“.
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Colin Farrell, der als argloser Insulaner lernen muß, damit umzugehen, daß sein langjähriger Freund plötzlich nichts mehr mit ihm zu tun haben will, wurde für seine Leistung in dem Film mit dem Golden Globe für die beste männliche Hauptrolle geehrt. Außerdem gewann Regisseur McDonagh den Preis für das beste Drehbuch. Auch als bester Film wurde „The Banshees of Inisherin“ ausgezeichnet. Allerdings mußte ihm dazu ein Platz in der Kategorie „Musical oder Komödie“ eingeräumt werden, obwohl der schwarzhumorige Film im Grunde ein ziemlich ernstes Thema behandelt.
Spielberg ist immer Favorit
So aber war der Platz in der Sparte „Bestes Filmdrama“ frei für einen, der eigentlich immer Favorit ist, wenn er mit einem seiner Werke bei einem Filmpreis ins Rennen geht, und in das Jahr 2023 furios startet mit Golden Globes für die beste Regie und den besten Film: Kino-Legende Steven Spielberg. In seinem neuesten Streifen „Die Fabelmans“ macht der inzwischen 76jährige, was gerade mächtig Konjunktur hat in der US-Filmindustrie: Autobiographisches verarbeiten.
In den beiden vergangenen Jahren hatten bereits Paul Thomas Anderson („Licorice Pizza“), Kenneth Branagh („Belfast“) und James Gray („Zeiten des Umbruchs“) preiswürdige Filme abgeliefert, die auf eigenen Jugenderinnerungen basieren. Im Zentrum der Handlung steht der filmverrückte Sam Fabelman, den seine kunstverständige Mutter Mitzi („Dawson’s Creek“-Star Michelle Williams) nach Kräften fördert, während sein eher bodenständiger Vater, von Beruf Ingenieur, die Leidenschaft für einen jugendlichen Spleen hält – eine Einschätzung, die sich Sam nach Kräften Lügen zu strafen bemüht und damit die ganze Familie in Atem hält.
Der neue Spielberg-Film sei „ein zutiefst persönliches Porträt einer amerikanischen Kindheit und zugleich eine cineastische Hommage an die (Familien-)Beziehungen, die das Leben und die Karriere des Filmemachers geprägt haben“, verrät die deutsche PR-Agentur der „Fabelmans“, die bei uns am 9. März in die Kinos kommen sollen.
Kevin Costner mimt den Patriarchen
Trotz eher geringer Ähnlichkeit mit dem echten Elvis Presley überzeugte Austin Butler mit seiner starken Präsenz in Baz Luhrmanns furiosem Musikfilm „Elvis“ und heimste die Trophäe für den besten Hauptdarsteller (Drama) ein. Er setzte sich u.a. gegen Hugh Jackman durch, der in „The Son“ (Filmstart: 26. Januar) den Vater eines depressiven Heranwachsenden spielt.
Seinen bereits dritten Golden Globe hätte Western-Ikone Kevin Costner mit nach Haus nehmen können, wenn er zur Preisverleihung angereist wäre. Der Schauspieler ist als Montanas Gouverneur John Dutton das Zentralgestirn der Fernsehserie „Yellowstone“ und brilliert in der ihm auf den Leib geschriebenen Rolle eines resoluten Patriarchen und Großgrundbesitzers, mit dem nicht zu spaßen ist. Schon die Nominierung als bester Darsteller in einer Drama-Serie quittierte der inzwischen 67jährige auf seinem Instagram-Kanal mit großer Dankbarkeit und bezeichnete die Anerkennung für sein Mitwirken an der erfolgreichen Paramount-Produktion als „Sahnehäubchen“.
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Der Mime setzte sich gegen vier namhafte Mitbewerber durch, darunter seinen berühmten Kollegen Jeff Bridges („The Old Man“) und Bob Odenkirk, den Hauptdarsteller der auch hierzulande beliebten Serie „Better Call Saul“ über einen zwielichtigen Anwalt ohne Berührungsängste mit schwerkriminellen Milieus. Das ZDF strahlte bereits fünf Staffeln der Reihe aus. Apropos deutsches Fernsehen: Als bester fremdsprachiger Film war auch die deutsche Netflix-Produktion „Im Westen nichts Neues“ im Rennen um eine der begehrten Trophäen, konnte sich jedoch gegen den südamerikanischen Konkurrenten „Argentinien, 1985“ nicht durchsetzen.
Golden Globes stehen im Zeichen des woken McCarthyismus
Gespannt sein darf man auf den Film, der Cate Blanchett den Golden Globe für die beste weibliche Hauptrolle in einem Drama einbrachte: In „Tár“ spielt die Australierin, die wie die anderen Preisträger eine der üblichen Verdächtigen bei Filmpreisverleihungen ist, eine gleichsam in die Domäne der Berliner Philharmoniker versetzte Kathleen Stock. Wir erinnern uns: Das war die lesbische englische Professorin, die Opfer einer Haßkampagne wurde, weil sie sich genderkritisch geäußert hatte.
Anders als Cate Blanchett als Dirigentin Lydia Tár hat sich Hollywoods Vereinigung der Auslandspresse für die achtzigste Verleihung des begehrten Filmpreises nach Autorenstreik, CoVid-19 und Rassismus-/Sexismus-Skandal spürbar bemüht, politisch Überkorrekten und selbsternannten Großinquisitoren minimale Angriffsfläche zu bieten, und ließ alle, die sich dafür interessieren, wissen, daß die Nominierten diesmal nicht nur vom 96köpfigen Stammpersonal der Auslandspresse gekürt wurden, sondern zusätzlich von 103 internationalen Juroren.
Diese „diverse Wählerschaft“ rekrutiere sich aus 62 verschiedenen Ländern weltweit. Daraus ergebe sich, wie der Eliteclub pflichtschuldig verkündete, eine Jury bestehend aus 52 Prozent Frauen, 51,8 Prozent rassisch und ethnisch Diversen mit 19,6 Prozent Latinos („Latinx“), zwölf Prozent Asiaten, 10,1 Prozent Schwarzen und 10,1 Prozent Menschen aus dem mittleren Osten. Ein Sieger stand also schon vor der Preisverleihung fest: der neue, „woke“ McCarthyismus in den USA.