BERLIN. Der Presserat hat entschieden, seine Richtlinien zur Erwähnung der Täterherkunft in Medienberichten nicht zu ändern. Damit darf über die „Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten“ im Sinne des Presserates nur in Ausnahmefällen berichtet werden.
„Immer, wenn die Veröffentlichung einer Information die Gefahr diskriminierender Effekte enthält, ist besonders hohe Sensibilität gefordert. Den Vorwurf des Verschweigens und der Zensur weist der Presserat ausdrücklich zurück“, sagte ein Sprecher des privaten Gremiums. „Wenn Redaktionen Informationen nicht veröffentlichen, weil ihre Bedeutung für das Verständnis gering, die Diskriminierungsgefahr aber hoch ist, handeln sie nicht unlauter, sondern verantwortungsbewußt.“
„Der Presserat ist nicht der Vormund von Journalisten“
Nach den Massenbelästigungen von Köln durch nordafrikanische Männer hatte der Presserat eine Überarbeitung der sogenannten „Diskriminierungsrichtlinie“ in Aussicht gestellt. Zu der Berichterstattung über die Ereignisse in Köln waren zahlreiche Beschwerden beim Presserat eingegangen. Dies ist nun vom Tisch.
„Der Presserat ist nicht der Vormund von Journalisten und Medien, er gibt mit seinem Kodex lediglich Handlungsorientierungen. Die Eigenständigkeit der Entscheidung von Redaktionen wird damit nicht tangiert. Es gibt kein Verbot, die Herkunft von Straftätern oder Tatverdächtigen zu nennen“, machte das Gremium deutlich. Es gebe „lediglich das Gebot, diese Herkunftsinformation zu unterlassen, wenn die Diskriminierungsgefahr höher zu veranschlagen ist, als die Information zum Verständnis des berichteten Vorgangs beiträgt“.
Lob von Journalistenverbänden
Zuvor hatte der Deutsche Journalistenverband (DJV) eine Beibehaltung der Richtlinie gefordert. „Dieser Diskriminierungsschutz hat sich bewährt“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Es gebe keinen Grund, ihn abzuschaffen. „Daß Medien nach den Silvesterkrawallen in Köln erst spät und zum großen Teil sehr zurückhaltend berichtet haben, lag nicht am Pressekodex, sondern an der Desinformation der Kölner Polizei“, unterstrich Überall. Das beste Mittel, um „Lügenpresse-Rufern“ das Wasser abzugraben, sei es, über das Diskriminierungsverbot offensiv zu informieren.
Die kleinere, zur Gewerkschaft Verdi gehörende, Deutsche Journalisten-Union lobte die Entscheidung. „Der Schutz vor Diskriminierung ist eine wesentliche ethische Aufgabe der Redaktionen“, sagte die Verbandsvorsitzende Cornelia Haß.
Der Presserat ist ein privater Verein, der vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V. (VDZ), dem DJV sowie der Deutschen Journalisten-Union getragen wird. Seine Entscheidungen zur Berichterstattung sind für die Redaktionen nicht bindend. Zwar können Artikel gerügt werden, eine Sanktionsmöglichkeit hat der Verein jedoch nicht. (ho)