Die Idee war nicht schlecht. Gesprächsrunden, in denen die Betroffenen einfach mal selbst zu Wort kommen können, statt daß über sie gesprochen wird. Wäre mal eine Neuerung. Es gibt so einiges, was sich der Zuschauer im deutschen Fernsehen wünscht. Stattdessen bekommt er für gewöhnlich in jeder Talkshow staatstragenden Eintopf vorgesetzt, der Meinungsvielfalt simulieren soll. Wahrscheinlich ist das für die Moderatoren auch besser so. Zumindest, wenn die vergangene Sendung von Günther Jauch zum Maßstab genommen wird.
Irgendwie müssen die Macher der Sendung ihren bisherigen Eintopf übergehabt haben. Jedenfalls luden sie zum Thema „Gewalt im Namen Allahs – wie denken unsere Muslime?“ einen Imam aus der Al-Nur-Moschee in Berlin-Neukölln ein. Die salafitische Moschee sorgt durch ihre radikales Publikum immer wieder für Schlagzeilen, zuletzt durch die Videobotschaft eines Imams, der anläßlich des jüngsten Gaza-Konfliktes wortgewaltig für die Vernichtung Israels betete.
Jauch betrachte Kernschmelze seiner Sendung
Es war also kein abgeklärter Islamfunktionär, sondern schon die islamische Avantgarde, die in Gestalt von Abdul Adhim Kamouss in die Sendung marschierte. Offensichtlich wurde das Jauch aber vorher nicht gesagt. Denn der Moderator stellte vor Schreck zunehmend die Arbeit ein und betrachtete die Kernschmelze seiner Sendung. Die kritischen Nachfragen, widersprüchliche Textstellen im Koran, das Verhältnis zur islamisch legitimierten Gewalt und so weiter – warum bloß saß Jauch dort herum?
Denn den ungebremsten Redeschwall eines salafitischen Predigers kann sich der Interessierte auch in der Al-Nur-Moschee anhören. Und wem der Weg zu weit ist, gleich im Internet. So aber konnte sich der gelangweilte Zuschauer zurücklehnen und seiner eigenen Beschäftigung nachgehen. Beispielsweise auf die Uhr schauen und sich vergegenwärtigen, daß für jede Sendeminute des mit Abstand teuersten deutschen Talkshow-Moderators 4.600 Euro fällig werden.