BERLIN. Der Internetrecht-Experte Niko Härting hat bei der ersten Google-Anhörung zum sogenannten Recht auf Vergessen ein europäisches Datenschutzrecht gefordert. Ohne eine einheitliche Regelung in der EU würde das Geschäft der Suchmaschine erheblich erschwert.
Google führt derzeit in mehreren EU-Staaten halböffentliche Anhörungen mit Experten durch, um eine Strategie für den Umgang mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Recht auf Vergessen festzulegen. Das Gericht hatte die Suchmaschine im Mai 2014 dazu verpflichtet, Suchergebnisse zu unterdrücken, wenn die gesuchte Person dies bei Google beantragt.
Nach Warschau und Paris fand eine Anhörung am Dienstag in Berlin statt. Google-Chef Eric Schmidt sagte vor den etwa 80 Teilnehmern: „Wir sind sehr unglücklich mit der Entscheidung.“ Sein Konzern hat unlängst einen Transparenzbericht vorgelegt, aus dem hervorgeht, daß bei Google seit dem Urteil 146.357 Löschanträge eingegangen sind. 41 Prozent der abgearbeiteten Treffer hat Google tatsächlich gelöscht. Da das Urteil nicht sehr präzise ist, will Google jetzt eine genaue Vorgehensweise festlegen und hat dazu Experten verschiedener Gruppe wie Datenschützer, Journalisten und Internetunternehmer eingeladen.
Recht auf Privatheit und Informationsfreiheit kollidieren
Härting, der auch Jura an der FU Berlin lehrt, war der härteste Kritiker des Urteils: „Das Recht auf Vergessen ist eine Schimäre, das gibt es nicht.“ Gleichwohl riet er dem Unternehmen, die Vorgaben des Gerichts sehr genau umzusetzen. Rechtssicherheit könne nur ein Gesetz bringen, das die Pflichten von Suchmaschinen definiere.
Vor Härting hatte der Journalist Matthias Spielkamp (iright.info) das Urteil ebenfalls kritisiert. „Journalismus und Suchmaschinen müssen geschützt werden“, forderte er. Das Recht auf Privatheit, aus dem das Gericht die Pflichten Googles abgeleitet habe, kollidiere mit dem Recht auf Informationsfreiheit. Der ebenfalls anwesende Wikipedia-Gründer Jimmy Wales pflichtete Spielkamp bei. (rg)