HAMBURG. Die Deutschen haben den Glauben an die Zukunft verloren. 63 Prozent der Bundesbürger sind überzeugt, mit ihrem Land geht es bergab, 2021 sahen das lediglich 47 Prozent so. Im weltweiten Vergleich sind nur die Ungarn (69 Prozent), die Schweden (73 Prozent) und die Südafrikaner (76 Prozent) besorgter um die Zukunft, wie aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos hervorgeht, bei der Bürger in 28 Ländern befragt wurden.
Zwei Drittel der Deutschen (67 Prozent) halten ihre Gesellschaft für zerrüttet. 59 Prozent der Bundesbürger denken, etablierte Politiker und Parteien kümmerten sich nicht um die Belange der Bürger – im Vorjahr waren es lediglich 49 Prozent. Daß die Wirtschaft zugunsten der Reichen und Mächtigen agiere, halten 62 Prozent der Deutschen für zutreffend. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) findet, Experten würden die realen Probleme und Bedürfnisse der Menschen nicht verstehen.
Etwas weniger als die Hälfte der Befragten (46 Prozent) glauben, die Bundesrepublik wäre bei einem Einwanderungsstopp ein stärkeres Land. Dieser Wert war im Vorjahr derselbe, 2021 waren es lediglich 36 Prozent, die dieser Aussage zustimmten. Weniger als jeder Vierte (23 Prozent) ist besorgt, Migranten könnten ihm den Arbeitsplatz wegnehmen. Dieser Wert ist seit Jahren unverändert und der niedrigste von allen abgefragten Nationen.
Deutschland ist resistent gegen Führer-Phantasien
Die Deutschen sind freiheitsliebender als oft angenommen, wie die Befragung von Ipsos zeigt. Lediglich 38 Prozent der Bürger glauben, es brauche eine starke politische Führungspersönlichkeit, die das Land von den Reichen und Mächtigen zurückerobert. In keinem anderen abgefragten Land war dieser Wert so niedrig – weltweit stimmen dieser Aussage 63 Prozent zu. Nur 27 Prozent der Bundesbürger denken, es brauche einen starken Führer, der bereit ist, Regeln zu brechen, um das Land wieder auf Vordermann zu bringen.
Ipsos hat für die aktuelle Studie insgesamt 20.630 Personen zwischen 18 und 74 Jahren aus 28 Nationen online befragt. Das Unternehmen ist mit mehr als 18.000 Mitarbeitern in 90 Ländern das größte Meinungsforschungsinstitut der Welt. Es wurde 1975 in Paris gegründet und beschäftigt in Deutschland mehr als 500 Personen in Hamburg, Berlin, Frankfurt, Nürnberg und München. (st)