BERLIN. Die Zahl der Frauen in Deutschland, deren Genitalien verstümmelt wurden, ist in den vergangenen drei Jahren auf rund 86.000 gestiegen. Noch 2017 habe die Zahl bei rund 50.000 gelegen. Grund für die Zunahme um 44 Prozent sei die Einwanderung aus Ländern, etwa Eritrea, Somalia, Indonesien, Nigeria und Ägypten, sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung einer Studie zu dem Thema.
Die Bundesregierung schätze, daß zwischen 2.800 und 14.900 Mädchen in Deutschland davon bedroht seien, an den Genitalien verstümmelt zu werden. Die tatsachliche Zahl könne aber auch viel höher sein, da Frauen mit deutschem Paß oder ungültigen Papieren nicht in der Untersuchung erfaßt würden.
Weltweit mehr als 200 Millionen Frauen von Genitalverstümmelung betroffen
Weltweit seien nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation mehr als 200 Millionen Frauen und Mädchen an den Genitalien verstümmelt worden. Geschätzte drei Millionen Mädchen seien zudem davon bedroht.
Auch die Beschneidung im Ausland sei in Deutschland strafbar und könne den Entzug des deutschen Passes nach sich ziehen. Die Zahl der Verurteilungen sei jedoch gering, da die Tat meist im Verborgenen begangen werde.
Giffey fordert genaueres Hinsehen und konsequentes Anzeigen
Bei Genitalverstümmelungen handle es sich um eine „archaische, furchtbare Menschenrechtsverletzung“, die bei den Betroffenen schwere psychische und körperliche Schäden hinterlasse, mahnte die Familienministerin. Sie sprach sich für ein genaueres Hinsehen bei Fällen in Deutschland, konsequentes Anzeigen und bessere Aufklärungsarbeit aus.
Bei der rituellen Beschneidung werden Frauen gewaltsam und häufig ohne Betäubung Teile der Klitoris und in manchen Fällen auch die kleinen Schamlippen entfernt. In einigen Gesellschaften gelten unbeschnittene Frauen als „unrein“. Zudem verursacht die Verstümmelung schwere Schmerzen beim Geschlechtsverkehr und solle verhindern, daß Frauen ihren Ehemann betrügen. (zit)