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„Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick!“: Mit dem OSZE-Traktor auf das Amselfeld

„Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick!“: Mit dem OSZE-Traktor auf das Amselfeld

„Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick!“: Mit dem OSZE-Traktor auf das Amselfeld

KILL ME TODAY
KILL ME TODAY
OSZE-Mitarbeiterin Anna (Karin Hanczewski) ist Anfangs von der Mission überzeugt Foto: Filmstarts
„Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick!“
 

Mit dem OSZE-Traktor auf das Amselfeld

Die Tragikkömödie „Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick!“ thematisiert auf politisch inkorrekte Weise die Hilfsaktion der internationalen Gemeinschaft im Kosovo nach dem Rückzug des serbischen Militärs. Doch einen Verleih haben die Macher Joachim Schroeder und Tobias Streck nicht gefunden – trotz des Mitwirkens von Henryk M. Broder und Joachim Steinhöfel.
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Nicht nur Deutschland, der ganze Westen ist Exportweltmeister, wenn es darum geht, die Produkte „Demokratie“ und „Menschenrechte“ auszuführen. Paradebeispiel ist das Kosovo, wo 1999 – nach Rückzug des serbischen Militärs durch das US-geführte Nato-Bombardement – die internationale Gemeinschaft die größte und teuerste Hilfsaktion in Europa seit 1945 startete, um das Kosovo zu einem demokratischen, multiethnischen Staat zu gestalten, dessen Scheitern vorprogrammiert war, da der Haß zwischen Kosovaren und Serben auch nach Kriegsende ungebrochen ist. Nicht zufällig lautet heute die Paradeformel hierzu: „How the West built a failed state“.

Nichts zeigt diesen Konflikt zwischen Irren- und Schlachthaus (wo gekidnappte Menschen für den Organhandel ausgeweidet werden) besser und – vor allem – unterhaltsamer als „Kill Me Today, Tomorrow I’m Sick“, eine schwarze Komödie von Joachim Schroeder und Tobias Streck, die – so Filmemacher Dominik Graf begeistert – eine „Satire ohne Gebrauchsanweisung“ liefere.

Zynischer Diplomat, abgeklärter Journalist

Diese ist allerdings ohne funktionierende Lieferkette, weshalb – in Anlehnung an die frauenverachtenden Witze des selbstmitleidigen Vize-Chefs der OSZE – ebenso gefragt werden könnte: Was unterscheidet Taiwan von Deutschland? In Taiwan sorgt China dafür, daß ein preisgekrönter Film keinen Verleih findet (siehe „Metal Politics Taiwan“), hier tun es die Deutschen selbst, damit ein politisch inkorrekter Film nicht in die Kinos kommt.

Wo kämen wir auch hin, wenn die Leinwand sich zur Wirklichkeit öffnet? Dabei bildet dieser ironische Film, der im Unterschied zu seinen Figuren niemals zynisch ist, „jedes einzelne Problemfeld und Malheur solcher Einsätze schmerzhaft ab“, wie etwa Oberstabsfeldwebel a.D. Lutz Gehres bestätigt, der in Bosnien und Afghanistan eingesetzt war.

So wird hier ungeschminkt die Geschichte der neurotischen, ignoranten, korrupten und saturierten „Internationals“ erzählt, an deren Spitze der zynische OSZE-Diplomat Christian Zoet (Joachim Steinhöfel) steht, ergänzt um den abgeklärten Journalisten Gorsky (Henryk M. Broder).

Geschäft ist eben Geschäft

Als die Helferin Anna (Karin Hanczewski) aus Stuttgart anreist, um dort „freie und demokratische Medien“ aufzubauen, ruft das bei ihrem Chauffeur (und späteren Liebhaber) Plaka – phantastisch gespielt von Carlo Ljubek, der hier die ganze Klaviatur von Mimik und Gestik aus- und so alle deutschen Schauspieler der Gegenwart an die Wand spielt – einen Lachanfall hervor. Tatsächlich muß er Anna auch gleich vor einem Lynchtod bewahren, als diese in einem Laden nichtsahnend drei Finger hochhält, um anzuzeigen, daß sie drei Mark zahlen will – nicht wissend, daß diese drei Finger das serbische Siegeszeichen sind.

Als sie zufällig mit ansieht, wie ein serbischer Politikprofessor und seine Familie auf dem Marktplatz unter dem Beifall der Masse exekutiert wird, erfährt sie, was es mit dem OSZE-Motto („Kooperation ist wichtiger als Konfrontation“) auf sich hat, fordert diese Losung doch den „Respekt vor Bräuchen und Traditionen“ und damit auch vor der Täter-Familie von UÇK-Kommandant Rhaci (Boris Milivojevic), dem künftigen Präsidenten, und vor dessen psychopathischem Killer Gazmend, brillant verkörpert von Tommy Sowards.

Zugleich erzählt der Film, der auf dem anonymen Tagebuch einer OSZE-Aktivistin beruht, die berührende Geschichte der Freundschaft zwischen dem Bosnier Plaka und dem Kosovaren Burim (Eray Egilmez), wo – anhand eines von der OSZE geschenkten Traktors – der sprichwörtliche Firnis der Zivilisation aufreißt, als der Erdboden vor der Werkstatt ein Massengrab freigibt. Daraufhin geraten die alten Freunde in einen leidenschaftlichen Streit, der argumentativ bis auf das „Amselfeld“ zurückgeht – um am Ende das Grabfeld des Bürgerkrieges wieder notdürftig einzuebnen. Geschäft ist eben Geschäft. Oder wie Plaka gegenüber der OSZE-Helferin Anna abends an der Bar kalauert: „Last time Sfor, this time Kfor, next time what for?“

> Gezeigt wird der Film unter anderem noch in Bremen, Hannover und Magdeburg. Die genauen Termine und Kinos finden Sie unter: killmetoday.com

JF 5/20

OSZE-Mitarbeiterin Anna (Karin Hanczewski) ist Anfangs von der Mission überzeugt Foto: Filmstarts
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