BERLIN. Der ehemalige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, hat davor gewarnt, die Abiturprüfungen in diesem Jahr ausfallen zu lassen. Corona dürfe „nicht zu einem Einfallstor für noch mehr Weichmacherei der Abiturpolitik werden“, schreibt Kraus in einem Gastkommentar für die JUNGEN FREIHEIT. „Eine Durchführung der Prüfungen ist bei entsprechenden Schutzmaßnahmen möglich: ausreichend Desinfektion; keine Gruppe über zehn Prüflinge; um jeweils eine Viertelstunde gestaffelter Beginn der Prüfungen; schulfrei für alle anderen Schüler; Ausschluß von Schülern, die in den zwei Wochen zuvor im Ausland waren.“
Mehrere Politiker und Verbände hatten gefordert, die Abschlußprüfungen in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie auszusetzen. Es sei nicht nachvollziehbar, „warum ein Abiturient in einer vierstündigen Klausur einem größeren Risiko ausgesetzt sein soll, als es die Kassiererin in einem Supermarkt 40 Stunden pro Woche ist“, ergänzte Kraus. Auch digitales Lernen wie „Teleteaching“ würde keine Bildungsprobleme lösen, sondern neue schaffen.
„Ans Ende denken“
Kraus fordert die Verantwortlichen auf, „ans Ende zu denken“. Ein Wegfall der Abiturprüfungen provoziere eine Reaktion der Hochschulen. Diese würden dann andere Modi finden und beispielsweise Zugangsprüfungen einsetzen. Zudem wäre dies ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung vor dem Gesetz.
„Die Abiturienten des Jahres 2019 schrieben und die Abiturienten 2021 schreiben (hoffentlich) das herkömmliche Abitur. Beide Jahrgänge konkurrieren aber bei Numerus-Clausus-Studiengängen mit den Abiturienten des Jahres 2020. Gerecht ist das nicht“, argumentiert Kraus. (ls)
> Den Gastkommentar lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT (17/20).