Anzeige
Anzeige

Die neuen Bundesländer als Hoffnungsträger: Der Osten regelt!? Teil IV

Die neuen Bundesländer als Hoffnungsträger: Der Osten regelt!? Teil IV

Die neuen Bundesländer als Hoffnungsträger: Der Osten regelt!? Teil IV

Protest vor der Frauenkirche inDresden
Protest vor der Frauenkirche inDresden
Die Demonstrationen in Dresden gegen die Einwanderungspolitik der Bundesregierung stehen symbolisch für den neuen Protest in Deutschland Foto: picture alliance/Oliver Killig/dpa-Zentralbild/dpa, Filter: JF
Die neuen Bundesländer als Hoffnungsträger
 

Der Osten regelt!? Teil IV

Die gesellschaftlichen Eliten verzweifeln am Protestwillen der Ostdeutschen und treiben 30 Jahre nach dem Mauerfall einen Keil zwischen alte und neue Bundesländer. Doch wie hat ein junger „Wessi“ die berüchtigten Übergangsjahre der Neunziger und den Osten wahrgenommen? Dort entwickelt sich ein neues ostdeutsches Selbstbewußtsein. Ein persönlicher Rückblick von Gil Barkei.
Anzeige

Viele Ostdeutsche indes suchen erst gar nicht nach Antworten auf die Frage, warum sich die Deutschen massive von der Politik zu verantwortende Fehlentwicklungen gefallen lassen – Schuldkult, Umerziehung und linke Medienmacht verfangen bei ihnen weniger. Sie lassen sich Dynamiken wie in Westdeutschland schlicht erst gar nicht widerstandslos bieten, egal womit man sie erklären könnte.

„Der Osten regelt!“ stand als Schriftzug auf einem Stoffbeutel, den ich letztens auf einem Instagramfoto gesehen habe. Und durchaus waren die beschriebenen Störfaktoren, die entschieden auf die Lebensqualität drückten, in den neuen Bundesländern nicht vorhanden, warum sich in unserer Jugend das Leben von mir und vielen Kumpels oftmals in den Osten verlagert hat – die inzwischen besten Freunde wurden ohnehin noch in der DDR geboren.

Zum Feiern ging es in die Clubs in Ost-Berlin. Nicht nur in die angesagten der kosmopolitischen Techno-Bohème, sondern in die im tiefsten Osten gleichermaßen. Es war auch eine Flucht vor dem ständigen Ärger mit Südländergruppen in und vor den West-Berliner Läden. Als sich eine mal in eine unserer Stammdiskos verlaufen hatte und mit dem altbekannten Anrempelspiel begann, dauerte es nicht lange und die halbe Tanzfläche stand bereit – der Osten regelte das in der Tat.

Polizei und Staat wurden belächelt

Eines jedoch war im Westen wie im Osten gleich: das zunehmende mitleidvolle Belächeln von Polizei und Justiz, die früher wie heute tatenlos erscheinen. Einige Autoren und Journalisten wie zum Beispiel Daniel Schulz von der taz, die über ihre Jugend in den neuen Bundesländern schreiben, berichten, wie die alleingelassene Staatsmacht angesichts der rechten Banden kaum eingriff. Im Westen habe ich ähnliches beobachten können, nur trugen die Delinquenten keine Springerstiefel.

Der Osten regelt!? Teil III

Ein Freund hat miterlebt, wie ein Türke einem anderen Jungen mit einer Schreckschußwaffe ins Gesicht geschossen hat. Es folgte eine geringe Strafe: Was muß man in diesem Land eigentlich anstellen, um in den Knast zu wandern? Das Wort „Intensivtäter“ ist nicht umsonst eine West-Berliner Erfindung.

Rot-Grün macht Deutschland zum Einwanderungsland

Ein anderer Freund erhielt nach einem Streit mit einem Türken Drohanrufe von dessen Verwandten. Die Mutter schaltete die Polizei ein. „Noch ist ja nichts passiert, was sollen wir da machen?!“ war die fassungslos zurücklassende Antwort. Ein Bekannter meiner Eltern, der von einer Jugo-Gang bedroht wurde, legte sich als Reaktion auf ähnliche Auskünfte eine Gaspistole zu. Ein kleiner Waffenschein war damals noch nicht nötig.

Der gesamte deutsche Staat, in dem Rot-Grün gerade beim Staatsbürgerschaftsrecht das Abstammungsprinzip („jus sanguinis“) durch Elemente des Geburtsortsprinzips („jus soli“) ergänzt hatte, erinnerte mich an das Drama „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch, das wir im Deutschunterricht behandelten. Darin nimmt der gutmütige Gottlieb Biedermann trotz Warnungen zwei Männer auf seinem Dachboden auf und wirft diese vor lauter Konfliktscheue und Naivität selbst dann nicht heraus, als sie deutlich zu erkennen geben, daß sie sein Haus anzünden werden.

Einige waren Kumpels, andere bedeuteten Streß

Gleichzeitig verstanden wir uns mit vielen Ausländern gut, die wie wir nur versuchten in diesen Umbruchzeiten, in denen ganze Welten von der Sowjetunion bis Jugoslawien untergingen, in Ruhe ihr Glück zu finden. Beim Vorglühen bei einem türkischen Bekannten im berüchtigten „Sozialpalast Pallas“ kratzte es am Schloß, plötzlich ging die Tür auf und eine Gruppe Jugendlicher stand im Raum. Unser Gastgeber sprang auf, aber die Situation war schnell wieder befriedet. Man kannte sich über irgendwelche Ecken.

Das ist es eben: die einen sind Kumpels, die anderen bedeuten Streß, und untereinander schenken sich viele Ausländer auch nichts. Oftmals lehnen beide Seiten das linksgrüne Gaga-Gesellschaftsmodell ab. Und auch im Osten wartete nicht nur deutsche Einigkeit, wie der Jochbeinbruch eines Freundes auf dem Baumblütenfest in Werder (Havel) bezeugte.

Kurze Zeit später war die Wohnung leer, unser Bekannter laut Gerüchten aus Berlin abgehauen: Streit wegen irgendeiner Frau, oder doch so ein Kurden-Türken-Ding? Wir haben nur Bahnhof verstanden. Wirklichen Einblick in die fremden Lebenswelten hatten wir nie, selbst wenn wir die Jungs kannten.

Beim Bund vermischten sich „Ossis“ und „Wessis“

Bei der Bundeswehr vermischten sich Ossis und Wessis. Bis auf einige Witzleien à la „Die letzte preußische Armee war eh die NVA“ spielte es aber keine Rolle, woher jemand kam. Beim Bund lernte man die unterschiedlichsten Typen aus allen Ecken der Republik und aus allen sozialen Schichten kennen. Auch Männer mit Migrationshintergrund, die stolz von ihrem deutschen Vaterland sprachen und die zu den vehementesten Kritikern derjenigen gehörten, die nur die deutsche Staatsangehörigkeit und Hartz IV abgreifen, aber zum Beispiel nie richtig Deutsch lernen.

Wir trugen alle die gleichen Uniformen, waren Kameraden und die Stuben waren wie die Fußballstadien Orte fern jeglicher Politischer Korrektheit. Was für ein Erlebnis, Jahre bevor die neue Berufsarmee endgültig politisch eingenordet und der letzten Traditionsfragmente beraubt wurde.

Studium in Ost-Europa als zweiter Aha-Moment

Zum Studieren ging es nach einem Semester im linken Marburg nach Potsdam. Wenn auch hier von Jahr zu Jahr mehr verschleierte Frauen und vegane Weltverbesserer dank des hohen Berliner NC in die neugebauten Hörsäle strömten, so waren gerade meine Brandenburger Kommilitonen erfrischend unanfällig für Gendersternchen, die nächste Aktion der Antifa-Hochschulgruppe oder die Frage, ob weiße „Studierende“ Hausarbeiten über die Lebenssituation von „people of colour“ schreiben dürfen.

Während die meisten für ihr Erasmussemester nach England, Frankreich oder Spanien gingen, zog es mich nach Budapest, von wo aus ich Osteuropa bereiste. Budapest, Prag, Bratislava, Warschau: die Unbeschwertheit und Sicherheit im Gegensatz zu Berlin, Brüssel, Paris und London war für mich ein zweiter Aha-Moment.

Dabei muß man nicht einmal die Hauptstädte der in der deutschen Öffentlichkeit vielgescholtenen Visegrád-Gruppe für einen Erholungsurlaub wählen. Jedem sei ans Herz gelegt, den Marktplatz in Posen oder Breslau mit den Märkten in Parma oder Turin zu vergleichen.

In der Ausweichbewegung

Wenn Linke erzählen, aus Ostdeutschland weggezogen zu sein, weil sie es dort nicht mehr mit den Rechten ausgehalten hätten, so kenne ich die Ausweichbewegung in die entgegengesetzte Richtung. Teilweise geplagt von ähnlichen Selbstvorwürfen, das Feld widerstandlos zu räumen, hat es mehrere Bekannte von Berlin nach Brandenburg verschlagen.

Neben niedrigeren Mieten und dem Wunsch vom Wohnen im Grünen ein weiterer manchmal nur hinter vorgehaltener Hand geäußerter Grund: die Flucht vor den Verhältnissen im babylonischen Berlin. Spätestens bei der Frage der Schule für den Nachwuchs blicken viele junge Familien aufs Umland oder auf die Privatschulen, von denen sich eine bei mir in der Gegend momentan verdreifacht.

Kriminalität durch Zuwanderer nimmt zu

Heute sprechen Medien und Politik von einem angeblichen Erstarken der Faschisten, fordern Haltung und meinen lediglich, jeden zu diskreditieren und gesellschaftlich zu ächten, der nicht mit dem linksgrünen Strom schwimmt. Die Realität zunehmender Kriminalität von Ausländern, wie sie das Lagebild „Kriminalität im Kontext der Zuwanderung“ des Bundeskriminalamtes (BKA) darlegt, wird wie früher ausgeblendet oder kleingeredet.

Etwa jedes zehnte Opfer von Straftaten gegen das Leben, die sexuelle Selbstbestimmung, die persönliche Freiheit und von Rohheitsdelikte (vor allem Körperverletzung und Raub), wurde 2018 der Täterkategorie „Zuwanderer“ zugeordnet. Unter Zuwanderer versteht das BKA alle Personen mit Aufenthaltsstatus Asylbewerber, Schutzberechtigter, illegaler Aufenthalt und Duldung. 102.000 Menschen wurden vergangenes Jahr Opfer einer Straftat, bei der mindestens ein Zuwanderer tatverdächtig war – ein Anstieg um sieben Prozent im Vergleich zu 2017.

Erfahrungen erzeugen Umdenken

Gleichzeitig mehren sich die Konflikte mit bereits länger hier lebenden Einwanderern. Laut des aktuellen „Bundeslagebilds zur Organisierten Kriminalität“ des BKA sind über 70 Prozent der Tatverdächtigen im OK-Bereich ausländische Staatsangehörige. Einige Gruppierungen der Schläger und Tonangeber in den westdeutschen Städten sind mittlerweile zu mafiaartigen Strukturen herangewachsen, an die sich der Staat nur noch mit symbolischen Aktionen herantraut. In einem erstmals verfaßten Clan-Kapitel spricht das BKA von „kriminellen Mitgliedern ethnisch abgeschotteter Subkulturen“.

Erneut erleben junge Deutsche in West- wie in Ostdeutschland die Diskrepanz zwischen dem, was ihnen erzählt wird und dem, was sie im Alltag mit den eigenen Augen sehen. Mancherorts mündet diese Erfahrung in Umdenken und Handeln.

Die Wahlerfolge der AfD in Brandenburg und Sachsen, die vielversprechenden Umfragewerte der Partei für die Landtagswahl in Thüringen sowie die anhaltenden Proteste in Dresden, Cottbus und anderen Städten dürfen aber nicht davon ablenken, daß parallel auch in Ostdeutschland gesellschaftliche Abläufe an Fahrt aufnehmen, die viele Wessis aus ihren Städten nur zu gut kennen dürften.

Westdeutsche Verhältnisse

Stralsund: eine Gruppe von Orientalen hängt in der Fußgängerzone ab. Mit dabei einige deutsche Jugendliche, die mit Trainingsanzug und Gucci-Cap dem Auftreten ihrer neuen starken Freunde und vieler moslemischer Influencer und Musiker auf Youtube nacheifern.

Ein ähnliches Bild in Frankfurt (Oder) am Busbahnhof: junge deutsche Mädchen bändeln mit neu ins Land und die Stadt gekommenen Gleichaltrigen an, werden beim Verteilen der Getränke aber gleich in ihre weiblichen Schranken verwiesen und dürfen erst als letzte aus einer Wasserflasche trinken.

Demonstrationen in Chemnitz und Cottbus angesichts zunehmender Messergewalt durch „Schutzsuchende“: Doch auch hier – nur einige hundert Meter vom Protestzug entfernt – deutsche Teenies und Neubürger beim Handyvergleich im Einkaufszentrum. Auf dem Marktplatz in Bad Belzig und auf einer Feier in Brandenburg an der Havel bilden Nord- und Schwarzafriker bei den unter 30jährigen bereits fast die Mehrheit. Einige Damen mit reichlich Metall im Gesicht und Farbe in den Haaren scheinen sich darüber zu freuen.

Eigenes Selbstbewußtsein

Regelt der Osten wirklich? Oder wiederholen sich hier dieselben Fehler und linken Träume einer ethnischen Fragmentierung nach westdeutschem Vorbild? Der Osten hat – gerade auch wegen der Beschimpfungen der vergangenen Jahre – ein eigenes neues Selbstbewußtsein entwickelt.

Beim Festivalauftritt des Ost-Berliner Rappers Finch Asozial am brandenburgischen Helenesee skandiert die Menge wiederholt „Ost-, Ost-, Ostdeutschland!“ In dem Liedtext zu „Ostdeutschland“ heißt es: „Guten Morgen Deutschland, ja es ist an der Zeit, habt es jahrelang probiert, doch ihr kriegt uns nicht klein. Im ganzen Land gehaßt, von den Medien verpönt. Kaum Geld in der Tasche, doch das Leben ist schön. (…) Ja man sagt, was man fühlt, denn man weiß, wo man steht. Es zählt nur die Gemeinschaft, die Loyalität.“

Auch die neuen Bundesländer wandeln sich

Doch wofür steht das „Ostdeutschland“ in Fraktur auf dem Anglerhut eines jungen Fans, wenn in Dresden, wo Pegida diesen Monat fünfjähriges Bestehen feiern kann, die Ferdinandstraße in der Innenstadt bereits das „Araber-Viertel“ genannt wird?

In Halle ist die Leipziger Straße, der „Obere Boulevard“ Richtung Hauptbahnhof vor lauter arabischer Frisörläden und Geschäfte nicht wiederzuerkennen. „Die Eisenbahnstraße und die Jahnallee in Leipzig werden auch immer schlimmer“, erzählt ein Studienfreund desillusioniert.

In Berlin-Hellersdorf bahnt sich ein Trupp verhüllter Frauen querfeldein durch die Hecken einer Grünfläche seinen Weg gen U-Bahnhof. Vor einer Shisha-Bar in Magdeburg kam es kürzlich zu einer Schießerei, und in Neubrandenburg ist die Polizei mit in die Stadt gekommenen arabischen Clan-Mitgliedern konfrontiert, seitdem ein Beamter einen Einbrecher erschossen hatte, der ihn angriff. Westdeutsche Verhältnisse lassen grüßen.

Der Osten als Hoffnung

Erste Kratzer in einer dennoch ungebrochenen Hoffnung. Die Hoffnung eines Wessis, daß es in den neuen Bundesländern noch nicht zu spät ist. Daß dort noch Freiräume gehalten werden können, von denen erneut ein Signal des Wandels ausgehen kann.

Einige kleinstädtisch geprägte Westdeutsche, deren heile Welt erst seit September 2015 auf den Kopf gestellt wird, können diesen Zukunftsglauben in die für sie zu laut protestierenden Ostdeutschen nicht ganz nachvollziehen. Ich dagegen hoffe, daß der Osten Deutschlands noch viel lauter wird – und der Westen mit einstimmt. Einen Gefallen dürfen wir denjenigen, die schon 89/90 „Nie wieder Deutschland!“ propagiert haben, nicht tun: uns auseinanderdividieren zu lassen.

Die Demonstrationen in Dresden gegen die Einwanderungspolitik der Bundesregierung stehen symbolisch für den neuen Protest in Deutschland Foto: picture alliance/Oliver Killig/dpa-Zentralbild/dpa, Filter: JF
Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag