BERLIN. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung eine umfassende Verteidigung der Kunstfreiheit formuliert und scharfe Kritik an politischen Eingriffen in kulturelle Ausdrucksformen geübt. Besonders deutlich wandte er sich gegen die linke Cancel Culture.
„Die freiheitsfeindliche Übergriffigkeit der Linken hat in der Cancel Culture ihr aggressives Gesicht“, schrieb Weimer. Die politische Linke überschreite damit nicht nur die Grenze zur Bevormundung, sondern untergrabe aktiv den Grundsatz einer offenen Gesellschaft.
Der Anspruch, moralisch überlegen zu handeln, führe zunehmend zur Ausgrenzung und Diffamierung unbequemer Positionen oder künstlerischer Darstellungen, so der Minister. Als Beispiel nannte Weimer die Entfernung einer klassischen Bronzestatue der Venus Medici aus einer Berliner Bundesbehörde. Vorausgegangen war eine Intervention der Gleichstellungsbeauftragten, die dem Kunstwerk Frauenfeindlichkeit unterstellt hatte. Weimer sprach in diesem Zusammenhang von einem „Akt kulturferner Ignoranz“ und warnte vor einem neuen „ikonoklastischen Eifer“, der sich gegen klassische Werke der Kunst richte.
Weimer warnt vor Kulturkampf
Die Gleichsetzung von weiblicher Nacktheit mit Sexismus sei Ausdruck eines neuen ideologischen Dogmatismus. „Die simple Gleichung, weibliche Nacktheit sei per se sexistisch und habe in der Öffentlichkeit nichts zu suchen, wirkt wie das Credo eines jakobinischen Bildersturms“, so Weimer. Der heutige „Shitstorm“ sei zum Standardrepertoire einer „radikal-feministischen, postkolonialen, öko-sozialistischen Empörungskultur“ geworden.
Die Aufgabe des Staates sei es nicht, Kunst zu normieren oder zu bewerten, sondern ihre Freiheit zu garantieren. „Die Korridore des Sagbaren, Erkundbaren und Darstellbaren möglichst weiten, anstatt sie zu verengen“, forderte der Kulturstaatsminister. Nur so könne eine lebendige, offene Gesellschaft bestehen.
Bereits zuvor hatte Weimer vor einem „globalen Kulturkampf“ gewarnt, der sich nicht nur in autoritären Regimen wie China oder Rußland abspiele, sondern zunehmend auch westliche Demokratien erfasse. Die Freiheit der Kunst sei ein Prüfstein für die Freiheit der Gesellschaft insgesamt. (rr)