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Bernd Zimniok, Demografie, Massenmigration

Wo Licht ist, muß auch Schatten sein

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Wo Licht ist, muß auch Schatten sein

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Schon das ausgewechselte Motto macht die Ambivalenz des Romans „Die alte Maitresse“ deutlich. In der Erstausgabe von 1851 stand: „Die Könige dieser Welt und selbst Gott belohnen die Treue“. Den weiteren Ausgaben hat der Autor die Worte „perseverare diabolicum“ („Im Irrtum verharren ist teuflisch“) vorausgestellt.

Man kann das Gute in der Kunst nicht darstellen, wenn man nicht auch auf das Böse hinweist und dessen Gefährlichkeit und Faszination aufzeigt. Wo viel Licht ist, ist eben immer auch viel Schatten. Man hat Barbey d’Aurevilly (1808–1889) und anderen Vertretern des französischen Symbolismus immer wieder den Vorwurf gemacht, die Darstellung des Bösen allzu sehr auszuweiten. Tatsächlich hat der Mann, dessen bekanntestes Werk die Erzählungssammlung „Die Teuflischen“ ist, den angekündigten Folgeband „Die Himmlischen“ nie geschrieben. Doch es ist wohl grundsätzlich einfacher, die Abgründe des Bösen zu beschreiben, als durch die Beschreibung tugendhafter Menschen einen spannenden Roman zu kreieren. Dennoch zeigt der Roman „Die alte Maitresse“ Moral und Unmoral gleichermaßen, wobei sich beides auch in den einzelnen Personen zu mischen scheint.

Ryno de Marigny beendet die seit zehn Jahren währende Beziehung zu seiner Maitresse Vellini, um die schöne Hermangarde de Polastron zu heiraten. Doch die einfallsreiche und temperamentvolle Vellini will sich nicht geschlagen geben. Mit weiblichem Charme und teuflischer List versucht sie alles, um das junge Eheglück zu zerstören. In der Pariser Gesellschaft wird das junge Brautpaar genau beobachtet. Man diskutiert, ob Marigny seine Vorsätze wird halten können oder ob er erneut der Verführungskunst der Vellini erliegt.

Dem Roman war bei seinem ersten Erscheinen nur mäßiger Erfolg beschieden, auch wenn der Schreibstil allgemein gelobt wurde. Bei seiner Veröffentlichung im Jahr 1865 sieht Barbey, der inzwischen nicht nur zum Glauben sondern auch zur religiösen Praxis zurückgefunden hat, sich verpflichtet, in einem längeren Vorwort seinen Roman als katholisch zu verteidigen. Dies ist vor allem deshalb so brisant, da Barbey wenige Jahre zuvor andere Schriftsteller hart angegriffen und ihre Werke als unmoralisch bezeichnet hat. Diesem Vorwort kommt deshalb großes Interesse zu, da hier im Jahr 1865 erstmals erörtert wird, was ein katholischer Roman ist. Hierbei zeigt sich Barbey wie gewohnt redegewandt, humorvoll und kampflustig.

Den Katholizismus sieht Barbey als sinnenfreudige Religion. Selbst vor einem Vergleich seines Romans mit Michelangelos „Jüngstem Gericht“ scheut er nicht zurück. Auch hier haben Puristen die Sinnenfreudigkeit kritisiert, dabei aber ihre eigene Bigotterie zu erkennen gegeben. Barbey bleibt dabei: Sein Roman ist ein katholischer Roman, der die eheliche Treue zum Inhalt hat. „In einer Zeit, in der die schwachen und weltmüden Menschen – sagen wir es ruhig brutal – das Leben nur noch als eine traurige Prasserei verstehen, mit Frauen vor und nach dem Dessert, in einer solchen Zeit war es nötig, eine schreckliche Treue einzufordern und darzustellen; und das hat ‘Die alte Maitresse’ getan.“

Im Hinblick auf Barbeys 200. Geburtstag am 2. November 2008 hat der Verlag Matthes und Seitz mehrere seiner Werke neu aufgelegt, teilweise – wie auch hier – in deutscher Erstübersetzung. Bisher wurde hauptsächlich das essayistische Werk berücksichtigt. Wie „Die alte Maitresse“ zeigt, sind Barbeys Romane auch heute noch ein Lesegenuß auf hohem Niveau. Es würde sich lohnen, auch die übrigen Romane dem deutschsprachigen Publikum zugängig zu machen. „Ein verheirateter Priester“ und „Finsternis“ („Une histoire sans nom“) gibt es nur noch antiquarisch; „Der Ring Hannibals“ und „Der Chevalier des Touches“ sind bis jetzt noch gar nicht auf deutsch erschienen.

Barbey d‘ Aurevilly: Die alte Maitresse. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2008, gebunden, 510 Seiten, 29,80 Euro

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