Über sieben Brücken mußt du gehen“, sangen einst aufmunternd Karat und Peter Maffay. Beim Darüberfahren sieht die Sache zur Zeit leider ganz anders aus. Laut einem umfänglichen Gutachten des ADAC ist ein großer Teil der deutschen Brücken für Autos nur noch mit Risiko befahrbar. Jede zehnte bröckelt bereits, eine mußte nach der Untersuchung sofort für den Verkehr gesperrt werden, nämlich die Eckstraßenbrücke über die kleine Chemnitz in Chemnitz. Besonders die in den sechziger und siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts angesichts des rapide anschwellenden Verkehrs massenhaft und per Eiltempo errichteten Brückenwerke offenbaren schwere Mängel. Träger sind gefährlich korrodiert, Fahrbahnunterlagen werden mürbe und reißen auf. Auch werden viele Bauten, wie der ADAC bemängelt, nicht mehr hinreichend kontrolliert. Der kommunale Geldmangel macht sich unheilvoll bemerkbar. Weniger von der Kritik betroffen sind die großen Vorzeigebrücken aus dem neunzehnten Jahrhundert oder aus jüngster Zeit, welche malerische Schluchten oder gewaltige Sunde überspannen und öffentliche Daueraufmerksamkeit genießen. Die Misere steckt auch hier wieder mal im Mittelmaß: Keine Exorbitanz – keine hinreichende Sorgfalt beim Bau, kein Materialehrgeiz, keine ordentliche Kontrolle danach. Was sich angeblich von selbst versteht, so scheint man zu glauben, das läuft auch wie von selbst bzw. läßt wie von selbst laufen. Wie sagte jedoch schon Frontinus, der große Brücken- und Wasserleitungsbaumeister im alten Rom? „Die kleinste Brücke über den kleinsten Fluß ist so wichtig wie die größte über das weiteste Tal.“ Dessen sollte man sich erinnern. Sonst kann es passieren, daß wir eines Tages zwar mit dem größten Wagen unbesorgt über den Fehmarnbelt nach Dänemark brausen können, aber Angst haben müssen, uns beim Queren der minimalen Chemnitz unverhofft sämtliche Knochen und möglichwerweise sogar den Hals zu brechen. Da seien Karat und Peter Maffay vor!
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