Daß die Deutschen Exportweltmeister sind, betonte die Bundesregierung jüngst häufiger – sieht sie doch darin einen Beweis für die steigende Wirtschaftskonjunktur. In der Regel verbindet man damit den Export von Industriegütern, bisweilen auch von technischem und wissenschaftlichem Können. Daß darunter auch deutsche Wörter fallen, war bislang eher unbekannt. Denn gewöhnlich importieren Deutsche lieber Wörter aus anderen Sprachen, mit Vorliebe aus dem Englischen. Wer verspürt da nicht ein wenig Stolz, wenn er hört, daß Finnen „Kaffepaussi“ machen, daß es in Italien ein „Hinterland“ gibt oder daß Engländer neben „Kindergarten“ und „Angst“ auch den Begriff „Gemütlichkeit“ verwenden? Nach dem Ärger, den ein Deutsch-Liebhaber mit der übereifrigen Einbürgerung von Anglizismen hat, ist eine Dokumentation über deutsche Wörter, die in beinahe alle Sprachen der Welt Einzug gehalten haben, eine willkommene Abwechslung. Mit dem Buch „Ausgewanderte Wörter“, herausgegeben von der Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach, wird dem Freund der deutschen Sprache daher eine Sammlung von 125 solchen Begriffen geboten. Beispiele gibt es aus über siebzig Ländern: So entwickeln Schweden mitunter „Fingerspitzengefühl“, Russen geraten auch mal in „Zeitnot“, Finnen ärgern sich über den „Besservisseri“, und Japaner pflegen ihre „Noirooze“. Oft sind die ausgewanderten Worte beinahe identisch mit ihrem deutschen Ursprung, doch manchmal haben sie auch neue Bedeutungen erhalten: „Wieheister“ zum Beispiel ist im Polnischen die Bezeichnung für alle Dinge, für die es keinen klaren eigenen Begriff gibt. Die Redewendung „Was ist das?“ dagegen bedeutet im Ungarischen umgangssprachlich das, wofür Deutsche den Begriff „Kunst“ verwenden: „Ez nem olyan nagy was-ist-das“ heißt sinngemäß: „Das ist keine große Kunst.“ Auf französisch jedoch meint dieselbe Redewendung etwas vollkommen anderes: Dort ist „Vasistdas“ überraschenderweise ein Oberlicht, Giebelfenster oder die kleine Sprechöffnung in der Tür. Um diese Wörter zu sammeln, veranstaltete der Deutsche Sprachrat voriges Jahr eine internationale Ausschreibung. Als Ergebnis wurden über 6.000 Einsendungen aus aller Welt eingereicht. Die Beiträge wurden bewußt so belassen, wie sie eintrafen, und beinhalten daher oftmals etwas laienhafte Überlegungen zum Ursprung der Wörter. So bietet das kleine Buch zwar keine wissenschaftlich ernstzunehmende Etymologie der Wörter, für Liebhaber der deutschen Sprache ist sein Inhalt dennoch ein Vergnügen. Jutta Limbach (Hg.): Ausgewanderte Wörter. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2007, 143 Seiten, 7,95 Euro
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