Bundesarbeitsminister Franz Müntefering plant eine weitere Regulierung des deutschen Arbeitsmarktes. Ihm mißfällt es, daß Unternehmen in immer stärkerem Maße auf unbezahlte Praktikanten zurückgreifen, da sie damit, so seine Unterstellung, gar nicht die Absicht verfolgten, Ausbildungsinhalte zu vermitteln, sondern lediglich Lohnkosten sparen wollten. Dieser unlauteren Praxis müsse der Staat einen gesetzlichen Riegel vorschieben. Was auf den ersten Blick als das überfällige Bemühen erscheint, insbesondere junge Menschen vor der dreisten Ausbeutung durch übermütige Arbeitgeber zu schützen, erweist sich bei näherer Betrachtung lediglich als ökonomisch undurchdacht. In einer auf freien Verträgen basierenden Marktgesellschaft müssen Unternehmen und Berufstätige auch die Chance haben, Beschäftigungsverhältnisse zu begründen, in denen einer Arbeitsleistung nicht automatisch ein Entgelt gegenübersteht. Die Schwäche des Standortes Deutschland im internationalen Wettbewerb resultiert bekanntermaßen vor allem aus dem Manko, daß die Lohnkosten hierzulande zu hoch sind. Wer diesen Nachteil beseitigen oder wenigstens mildern will, müßte also eher die Voraussetzungen dafür schaffen, daß die Beschäftigung von Praktikanten deutlich ausgeweitet werden kann, um die Unternehmen in ihrer Mischkalkulation aus bezahlter und unbezahlter Arbeit besserzustellen. Immerhin hat es sich heute bereits als eine gängige Praxis durchgesetzt, daß der Berufseinstieg insbesondere von jungen Akademikern nicht mit dem Vertrauensvorschuß eines regulären Arbeitsvertrages einhergeht. Dieses Modell kommt aber nicht allein für Hochschulabsolventen in Betracht. So wäre zu prüfen, ob die heute als Probezeit deklarierten Einarbeitungsphasen nicht lieber als Praktikum deklariert werden und entsprechend unbezahlt bleiben sollten. Davon wären dann auch die Jobwechsler betroffen. Zudem könnte selbst für Beschäftigte, die ihrem Unternehmen über lange Jahre treu geblieben sind, die Möglichkeit eines Praktikums vorgesehen werden, in dem sie sich ohne finanzielle Belastung des Arbeitgebers mit neuen Abläufen oder Aufgaben vertraut machen. Generell ist zu fragen, ob nicht die meisten Arbeitsplätze so geringe Ansprüche stellen, daß sie eigentlich von Praktikanten besetzt werden sollten. Die Personalkosten der Unternehmen würden sich damit auf das Management und einige wenige Spezialisten beschränken. Für den Lebensunterhalt aller anderen könnte ja notfalls der Staat in die Pflicht genommen werden.
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