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Bernd Zimniok, Demografie, Massenmigration

Mit eigenen Augen sieht sich’s immer noch am besten

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Mit eigenen Augen sieht sich’s immer noch am besten

 

Mit eigenen Augen sieht sich’s immer noch am besten

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Was will man mehr von einer Ausstellung, als daß die gezeigten Fotos den offiziellen Begleittext widerlegen. Dann muß man einfach nur seine Augen etwas öffnen – und schon spart man sich viel Arbeit. Ansonsten hätte man lange in Fachbüchern zu wühlen, wollte man die Ausstellungsthesen bestätigen oder widerlegen. Oder man müßte wie ein Detektiv historische Zeugenaussage um Zeugenaussage miteinander vergleichen. So heißt es im Nürnberger „Doku-mentations­zentrum Reichsparteitags­gelände“ zu Riefenstahls Filmen über die Olympiade 1936 in Berlin: Mit einer Regisseurin, die sich „nur für das Schöne interessiert“, lasse sich auch das „völkische Rassenverständnis eines gesunden Körpers“ unter die Völker der Welt streuen. Die Ausstellungs­macher Ina Brockmann und Peter Reichelt weiter: „Unzweideutig nimmt sie eine Stilisierung der Wettkämpfe und des männlichen Körpers vor.“ Doch die Fotos in Nürnberg zeigen zuweilen das genaue Gegenteil: sportliche Frauenkörper aus slawischen Ländern, durch sportliche Konzentration verzerrte Gesichter und elegante schwarze Marathonläufer. Und es sind nicht irgendwelche Aufnahmen aus den Olympia-Filmen „Fest der Völker“ und „Fest der Schönheit“, sondern Fotos für die Schaufenster­werbung der deutschen Kinos in den späten 1930er Jahren. Die Ausstellung versammelt unter der Überschrift „Nuba-Expeditionen 1962-63“ zahlreiche Bilder, die vom Leben dieses Stammes im südlichen Sudan erzählen. Über 30 Fotos zeigen Riefenstahl (1902-2003) inmitten von Ring- und Speerkämpfern, Riefenstahl mit VW-Bus in kargen Landschaften, vor Lehmhütten und Steinhügeln. Geschossen wurden die Fotos von dem Zoologen Dieter Kock, der mit Riefenstahl die Expedition organisierte. Er lieferte Bilder über die Dreharbeiten mitsamt den schwierigen Arbeitsbedingungen im afrikanischen Busch. Briefe demonstrieren die Vorbereitungen zur Expedition. Wenn man genau hinsieht, widerlegen die Bilder in Nürnberg auch den Vorwurf des ästhetischen Faschismus. Damit meinte die New Yorker Kulturkritikerin Susan Sontag nicht nur die Filme zu den Parteitagen der Nationalsozialisten in Nürnberg, sondern Riefenstahls prinzipielles Auswahlkriterium. Ihr gehe es nur um die Schönheit des menschlichen Körpers. War Riefenstahls Perspektive wirklich so eindimensional? In Nürnberg sehen wir sieben große Farbbilder, die Leni Riefenstahl von Mick und Bianca Jagger schoß. Sie zeigen einen blassen, überwiegend nachdenklichen Rockstar im Jahr 1974. Menschen wie von einem ganz anderen Planeten Auch die Nuba-Afrikaner zeigt Riefenstahl keinesfalls immer einem konventionellen Verständnis entsprechend schön oder elegant, ganz und gar nicht: Ringkämpfer, die ihren ganzen Körper mit Asche einreiben; bemalte Gesichter, die Gazellen gleichen, stilisiert durch schwarze und braune Linien übers ganze Gesicht; Einkerbungen auf der Haut junger Frauen – sogenannte Schmuck-Narben – an Hals, Oberkörper, Bauch; archaische Ohren- und Nasen-Ringe; seltsam dreinblickende Stammeshäuptlinge. Die wenigsten Fotos lassen „deutsche“ Schönheitsideale erkennen. Sie zeigen eher exotische, seltsame, bizarre oder farbenfrohe Charaktere – Menschen wie von einem ganz anderen Planeten. Exotisch schön sind vielleicht die dunkelbraun glänzenden Frauen, die sich mit Erdnußöl und schwarzer Farbe eingerieben haben. Entspricht das dem Ideal einer faschistisch gesinnten Frau? Recht keck mit dem pauschalisierenden Faschismusvorwurf geht das Theaterstück „LENI – Eine Riefenstahl-Subjektive“ um, das kürzlich in Nürnberg (und davor in Berlin) zu sehen war. „Können Fische faschistisch sein?“ fragt eine Leni-Darstellerin (Martina Schiesser), als sie von Igelfischen in der Tiefsee schwärmt. Das Gostner Hoftheater mit der Regisseurin Anja Gronau setzte bewußt auf die subjektive Seite Leni Riefenstahls. Drei Schauspielerinnen entzünden die vulkanische Seelenlandschaft von „Leni“, entzünden ihren Ehrgeiz („Ich bin 23 und glaube an den Film“), ihre Arbeitswut, ihre Experimentierfreude und ihre Selbstkritik, wenn der Film verwackelt ist, wenn die Kameraeinstellung nicht paßt, wenn die Schweinwerfer blenden. Unterhaltsam wird es, wenn der Tod anklopft und „Leni“ mitnehmen möchte. Sie weigert sich jedesmal, raunt nur „ungünstiger Zeitpunkt“ und wundert sich, daß sie den Hubschrauberabsturz überlebt hat. (Im März 2000 war die damals 97jährige Riefenstahl auf der Landebahn des Flughafens El Obeid im Sudan mit dem Hubschrauber aus vier bis fünf Metern abgestürzt.) Sie muß wohl mit dem Teufel im Bunde stehen. Leni Riefenstahl bei Filmaufnahmen: Ehrgeiz und Arbeitswut Die Ausstellung im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, Bayernstr. 110, wird noch bis zum 28. Februar täglich von 10 bis 18 Uhr gezeigt. Telefon: 09 11 / 2 31 56 66 Das Theaterstück „LENI – Eine Riefenstahl-Subjektive“ ist im März im Braunschweiger LOT-Theater, Kaffeetwete 4, und im Theater unterm Dach in Berlin, Danziger Str, 4. Telefon: 030 / 9 02 95 38 17, zu sehen. Viele Bilder, die in Nürnberg gezeigt werden, finden sich in dem sehr empfehlenswerten Bildband „Leni Riefenstahl. Fünf Leben“ (Taschen Verlag, Köln 2000)

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