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ESN-Fraktion, Europa der souveränen Nationen

Kampf dem Symbol

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Der Vorstoß von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), in Ergänzung von Paragraph 86 beziehungsweise 86a Strafgesetzbuch eine Regelung zu treffen, die es erlauben würde, Embleme zu verwenden und zu verbreiten, die ein durchgestrichenes oder anderweitig „diffamiertes“ Hakenkreuz zeigen, ist nur ein weiterer, aber keineswegs der Schlußakt einer symbolpolitischen Groteske. Seitdem die Bundesrepublik in Fortsetzung der alliierten Gesetzgebung ein eigenes Strafrecht für „Propagandadelikte“ ausgebaut hat, wächst die Zahl der denkbaren Verstöße ununterbrochen. Wurde ursprünglich nur die Wiederverwendung des Hakenkreuzes oder nationalsozialistischer Organisationsabzeichen verfolgt, hat man seit den siebziger und achtziger Jahren eine umfangreiche und immer länger werdende Liste aller möglichen Symbole angelegt, die in irgendeiner Weise an NS-Embleme erinnern und deshalb verboten werden. Daß man seit neuestem auch solche Symbole unterdrückt, die sich gegen die inkriminierte Weltanschauung richten und deshalb auf die symbolische Zerstörung ihrer Sinnbilder setzen, signalisiert allerdings eine neue Qualität der Entwicklung. Den Auftakt bildete die Anzeige gegen einen jungen „Antifaschisten“, der im März am Rand einer Demonstration in Freiburg festgenommen wurde, weil er einen Button mit durchgestrichenem Hakenkreuz trug. Er erhielt sofort prominente Unterstützung, Claudia Roth und Volker Beck erschienen ähnlich dekoriert, ihre Selbstanzeigen blieben aber folgenlos, und in zweiter Instanz wurde die Anklage fallengelassen. Dagegen hat nun das Landgericht Stuttgart den Besitzer einer kleinen Firma zur Beschlagnahme seiner Ware und einer Geldbuße verurteilt, der mit Antifa-Devotionalien handelte. Das Gericht sah die Gefahr eines „Wiederheimischwerdens“ des Hakenkreuzes auch dann gegeben, wenn das Symbol symbolisch ausgeschaltet werden soll. Nun ist ohne Zweifel die vollständige Beseitigung eines mißliebigen Symbols der sicherste Weg, seine Kraft zu brechen. Die Austilgung der Namen antiker Herrscher, die damnatio memoriae, war ein solcher Akt. Ähnliches wird man vom Verbrennen feindlicher Fahnen sagen können. Dafür ist aus dem Dreißigjährigen Krieg ein umfangreiches Zeremoniell bekannt. Solche Vernichtung steht aber in Spannung zu dem ebenfalls mächtigen Wunsch, den Sieg durch Aufbewahrung des gegnerischen Symbols als Trophäe zu verewigen. Die Römer bildeten feindliche Feldzeichen auf ihren Triumphbögen ab, und die „Armatur“, also die Aufhäufung von Fahnen und Waffen des Gegners, entsprach der Praxis von Siegesdemonstrationen und gehörte immer zum europäischen Staatstheater. Militärischer und politischer Symbolkampf sind im Grunde nie ganz scharf zu trennen. Deshalb schlagen sich politische Auseinandersetzungen regelmäßig in Symbolkämpfen nieder. Auch der Aufstieg des Hakenkreuzes zum „Symbol des Weltbürgerkriegs“ (Lorenz Jäger) hat sofort zu Versuchen geführt, seine optische Wirkung zu stören oder zu zerstören. Das war allerdings wegen der ihm innewohnenden Kraft, wegen des hohen Wiedererkennungswertes und der leichten Reproduzierbarkeit äußerst schwierig. Das Aufweisen von Gegensymbolen – christliches Kreuz, Davidstern, Sowjetstern und Hammer und Sichel – genügte kaum, weshalb die Linke seit dem Ende der zwanziger Jahre dazu überging, einen regelrechten „Kampf gegen das Hakenkreuz“ – so die Parole der KPD – zu führen. Die Grundmotive waren Denunziation (das Hakenkreuz aus Totenkopf und Menschenknochen, das Hakenkreuz als mittelalterliches Folterinstrument) und Zerstörung (das Hakenkreuz wird von der Proletarierfaust zerschlagen, von Bajonetten niedergestoßen, vom „Dreipfeil“ durchschnitten). Aber erst nach der Machtübernahme Hitlers, also dem „Sieg des Hakenkreuzes“, kam diese Art von Agitation zu ihrer eigentlichen Bedeutung. Das hatte vor allem mit der von der Komintern durchgesetzten Gleichung von Nationalsozialismus und Faschismus zu tun, die Hitler und das Hakenkreuz gegenüber Mussolini und den Fasces in den Vordergrund treten ließ. Während des Spanischen Bürgerkriegs, der die Parteien des „Weltbürgerkriegs“ direkt aufeinanderstoßen ließ, hat sich die antifaschistische Ikonographie zuerst ausgebildet. Sie wurde während des Zweiten Weltkriegs nur um wenige Aspekte ergänzt und erfuhr seitdem kaum noch Änderungen. Daß deutsche Gerichte diesen Zusammenhang ignorieren, ist nicht nur ein Hinweis auf historische Ahnungslosigkeit, sondern auch ein Indiz dafür, daß weder Diffamierung noch symbolische Zerstörung die Macht eines mächtigen Symbols wirklich treffen können. Von dem Historiker Karlheinz Weißmann ist soeben in der Edition Antaios, Schnellroda, das Buch „Das Hakenkreuz. Symbol eines Jahrhunderts“ erschienen.

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