Eine „Bibel in gerechter Sprache“ soll neue Leser an die Heilige Schrift heranführen und zugleich Bibelkennern neue Erkenntnisse vermitteln. Nach einer fünfjährigen Übersetzungsarbeit durch 52 Wissenschaftler – 42 Frauen und zehn Männer – soll das 2.400 Seiten starke Buch Anfang Oktober zur Frankfurter Buchmesse erscheinen. Hintergrund des Projekts ist, daß die Sprache der Lutherbibel angeblich nicht mehr zeitgemäß sei, schließlich sei die Übersetzung 500 Jahre alt. „Die Jugend kann damit nichts mehr anfangen“, erklärte Frank Crüsemann, einer der zehn Herausgeber der „Bibel in gerechter Sprache“. Im Mittelpunkt der neuen Übersetzung stehe das Grundthema „Freiheit und Gerechtigkeit“, hieß es vergangenen Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main. Zudem seien Erkenntnisse des jüdisch-christlichen Dialogs, der feministischen Theologie und der Befreiungstheologie eingeflossen. Nach Angaben von Crüsemann ist der wichtigste Beitrag der Übersetzung, den Namen Gottes entsprechend der Urtexte neu dargestellt zu haben. Wo die Lutherbibel fast 7.000 Mal das Wort „Herr“ verwende, gebrauche man andere Bezeichnungen für den nicht aussprechbaren biblischen Gottesnamen JHWH. Die Übersetzer machten dabei deutlich, daß Gott männlich wie weiblich sei. So werde Gott im Vaterunser angesprochen als „Gott, für uns Vater und Mutter“. Laut Crüsemann spielt das Vaterbild Gottes in der Bibel nur eine ungeordnete Rolle. Da neue Bibelübersetzung benutze andere Bezeichnungen wie „Ursprung“ oder „Schutz“. In jedem Psalm werde ein anderer Gottesbegriff eingeführt. Statt des Heiligen Geists wirkt die „Geistkraft“ Die ebenfalls zum Herausgeberkreis gehörende theologische Referentin der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland, Claudia Janssen, wies darauf hin, daß die neue Übersetzung „gerecht“ sei im Blick auf die Geschlechter und das Verhältnis von Juden und Christen. Statt vom männlichen Heiligen Geist spreche man von der „Geistkraft“. Im griechischen Grundtext sei der Begriff ein Neutrum, im hebräischen aber weiblich. Außerdem soll von Jüngern und Jüngerinnen Jesu zu lesen sein. Die hessen-nassauische Pfarrerin Hanne Köhler teilte mit, daß die Projektkosten in Höhe von 350.000 Euro von 1.200 Spendern aufgebracht worden seien. Die Herausgeber betonten, daß die neue Bibel die bestehenden Übersetzungen nicht ablösen, sondern ergänzen wolle. Die „Bibel in gerechter Sprache“ erscheint voraussichtlich in einer Startauflage von 10.000 Exemplaren und kostet 24,95 Euro. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Berliner Bischof Wolfgang Huber, trat unterdessen dem „irrtümlichen Eindruck“ entgegen, daß es sich bei der Neuübersetzung um ein Initiative der Kirchenführung handele. Die Lutherbibel bleibe auch in Zukunft die für die EKD maßgebliche Übersetzung, sagte Huber Ende März auf einer Veranstaltung in Berlin. Die Tatsache, daß auch Geld aus Kreisen der EKD in das Projekt geflossen sei, bedeute nicht, daß sich die Kirche mit dem Vorhaben identifiziere.
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