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Marc Jongen, ESN Fraktion

Komplett nach vierzig Jahren

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Das „Historische Wörterbuch der Philosophie“ (HWP) ist zu einem Ende gekommen. Gemessen an der Leibniz-Ausgabe der einstigen Preußischen und heutigen Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die nach einem Jahrhundert immer noch einer Großbaustelle gleicht, haben die HWP-Macher geradezu in Rekordzeit von vierzig Jahren das Zielband gerissen. Die Vorarbeiten begannen in den halkyonischen Vor-68er-Zeiten, der erste, noch recht schmale, die Buchstaben A bis C umfassende Band, herausgegeben vom Initiator des ganzen Unternehmens, dem Münsteraner Philosophen Joachim Ritter (1903-1974) und „unter Mitwirkung von 700 Fachgelehrten“ erstellt, erblickte 1972 das Licht der Welt. Jetzt ist mit Band 12, der die Einträge W bis Z abdeckt, der Abschluß geschafft – fast, denn einen für 2007 in Aussicht gestellten Registerband samt einer stattlichen Zahl von Nachträgen will sich die Redaktion denn doch nicht verkneifen. In vielfacher Hinsicht segelt dieses Wörterbuch unter falscher Flagge. Denn eingefleischte Philosophen dürften sich von der Betonung des Historischen eher abgestoßen fühlen, und die benachbarten geisteswissenschaftlichen Disziplinen glauben die atlasgroßen Bände ignorieren zu können, weil sie ja ein Wörterbuch für Philosophen sein wollen. Ganz falsch: Historikern, Politikwissenschaftlern, Soziologen, Theologen, Philologen und Juristen sei es als Pflichtlektüre empfohlen. Es fehlt kein Begriff, über den nicht orientiert zu sein sich der historisch-politisch „Gebildete“ leisten könnte. Der Artikel „Wiedergutmachung“, der sogleich auf den Eintrag „Trauerarbeit“ in Band 11 verweist, demonstriert, wie weit hier der Bogen gespannt ist. Obwohl sich der Leser in diesem speziellen Fall nicht so recht den „gesunden Mensch“ vorzustellen vermag, dem die „Aneignung der Fähigkeit zur Wiedergutmachung persönlicher Schuld“ gelingt, und der sich fragt, ob die Wiedergutmachung nicht-persönlicher Schuld im aktuell dominierenden Schulddiskurs folglich nur von „ungesunden“ Menschen geleistet werden könne – Petitessen, die das Interesse nicht mindern sollten. Man blicke einmal in den Artikel „Weltanschauung“, von der jeder meint, er habe sie, aber von der niemand weiß, was sie bedeute – was offenbar ganz normal ist, wie die fahrigen Ausführungen des Bearbeiters dieses zentralen Artikels beweisen. Extrem weltanschaulich geht es auch zu bei den Einträgen Zivilisation, Wissenschaft, Widerstandsrecht, Westen/Okzident, Wert, Werterziehung und Weltorientierung. Wer allerdings mit Heidegger glaubt, daß es mit den „Werten“ nichts ist, darf sich auf den letzten Eintrag freuen: „Zynismus“. J. Ritter, Karlfried Gründer und Gottfried Gabriel (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 12, Schwabe & Co. Basel und Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2005, 1.555 Spalten, 212 Euro

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