Der aus Ohio stammende, in New York lebende Jim Jarmusch (Stranger than Paradise, Ghost Dog) genießt den Ruf eines Kultregisseurs. Und, wie das eben mit Kult immer ist, man wird entweder Anhänger oder entwickelt sich zum Häretiker. Schlicht ausgedrückt: Jim Jarmuschs Filme mag man – oder eben nicht. Ihr thematischer Gehalt bewegt sich oft an der Grenze zum Wenigen, um bisweilen dann doch für kurze Momente Lichtpunkte ins Dunkel zu werfen. So auch in seinem neuesten Werk, einer Aneinanderreihung von Kurzepisoden unter dem Titel „Coffee and Cigarettes“. Das Projekt besitzt eine längere Vorgeschichte. Im Jahr 1986 wurde Jarmusch von den Machern der amerikanischen Fernsehshow „Saturday Night Live“ beauftragt, einen Kurzfilm für diese Sendung zu drehen. Heraus kam ein kleiner Streifen mit dem Namen „Strange to Meet You“, in dem Roberto Benigni und Steven Wright die Hauptrolle spielten. Dieser erste Film der „Coffee and Cigarettes“-Reihe wurde zur Grundlage für ein langjähriges Projekt. Kleine Geschichten sollten gedreht werden, allesamt Gespräche über Kaffee und Zigaretten. Jarmusch nutzte hierzu streng statisch wiederkehrende Motive als Verbindungsglied. Alle Filme wurden in Schwarzweiß gedreht, immer wieder richtet sich der Blick auf einen Tisch, an dem zwei Protagonisten sitzen und sich unterhalten, bisweilen noch ergänzt durch einen Kellner oder eine kurzzeitig auftretende dritte Person. So entstanden im Laufe der Jahre nach und nach die elf nun zusammengefaßten „Coffee and Cigarettes“-Episoden. Als Darsteller fungierten Freunde des Regisseurs sowie zahlreiche Filmgrößen, die mit Jarmusch zusammenarbeiten wollten. Es treten Stars wie Steve Buscemi, Bill Murray oder Iggy Pop auf, und Jarmusch erinnert durch diesen Reigen ein wenig an Robert Altmans Starparaden. Obwohl die Darsteller sich bisweilen „selbst“ spielen, basieren die Skripts auf Fiktionen oder extrem übertriebenen Persönlichkeitsinterpretationen. Hervorzuheben sind zweifellos drei Episoden, in denen die Beobachtung zwischenmenschlicher Dialoge an Tiefenschärfe gewinnt: In „Somewhere in California“ kommt es zu einem Treffen des Rockmusikers Iggy Pop mit einem Kollegen. Im Verlauf der Diskussion über die eigene Arbeit und die Vorteile des Nichtrauchens entstehen immer mehr Mißverständnisse und Disharmonien. Das Treffen muß abgebrochen werden. In „Cousins“ sieht man Cate Blanchett überzeugend in einer Doppelrolle als erfolgreiche Schauspielerin und als deren gescheiterte Cousine. In der daran anschließenden Episode „Cousins ?“ scheitert eine Familienzusammenführung zwischen Alfred Molina und Steve Coogan an Arroganz und Egoismus. „Coffee and Cigarettes“ erhält natürlich zusätzliche gesellschaftspolitische Brisanz durch die massive amerikanische Anti-Raucher-Kampagne, die den Griff zur Zigarette in öffentlichen Cafés mittlerweile beinahe undenkbar gemacht hat. Zahlreiche Anspielungen der Nikotin- und Koffein-Junkies auf den aktuellen Gesundheitskult (am stärksten wohl in der sehr humorvoll gespielten Episode „Those Things’ll kill ya“) verweisen auf Jarmuschs augenzwinkernde Skepsis gegenüber allzu starker Reglementierung in diesem Bereich. Jarmuschs Humor mag hintergründig sein, er funktioniert allerdings nur, wenn der Zuschauer auch über den richtigen Resonanzboden dafür verfügt. Deutlich sind bei den „Coffee and Cigarettes“-Episoden inhaltlich qualitative Unterschiede feststellbar. Verlieren sich einige Filme in ermüdender Skurrilität und letztlich belanglosem Verbalgeplänkel auf Sketch-Niveau, so kann man in anderen amüsante und tiefergehende Blicke auf menschliche Schwächen entdecken. Alles in allem gelangt ein sehr spezieller Film in die Kinos, der sein Publikum vor allem bei den eingefleischten Jarmusch-Fans finden dürfte. Foto: Iggy Pop, Tom Waits: Mißverständnisse und Disharmonien
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