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Marc Jongen, ESN Fraktion

Natürlicher Charme

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Cato, Palmer, Exklusiv

Zu den interessantesten Gebäuden im alten Zentrum Berlins zählt das unmittelbar am Prachtboulevard Unter den Linden gelegene Zeughaus. Der 1695 errichtete Komplex, in dem sich im 18. Jahrhundert das größte Waffendepot Preußens befand, dient seit 1991 als Heimstatt des 1987 gegründeten Deutschen Historischen Museums (DHM). Bereits seit 1994 wurden die Außenfassaden wieder entsprechend den ursprünglichen Vorlagen gestaltet, so der Innenhof mit den berühmten Masken eines sterbenden Kriegers, die der Barockbaumeisters Andreas Schlüter gestaltete. Seit 1998 fanden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen auch im Inneren des Komplexes statt. Während dieser Zeit zog das DHM ins benachbarte Kronprinzenpalais um, bis mit der Fertigstellung des sogenannten Pei-Baues im Mai 2003 dieser Ort für Wechselausstellungen zur Verfügung stand. Nach der nunmehr beendeten Sanierung des Zeughauses ist auf der dortigen Fläche neben einigen Büroräumen für die DHM-Direktion eine Dauerpräsentation zur deutschen Geschichte vorgesehen. Bis zu deren Einrichtung Ende dieses Jahres kann der Komplex seit vergangenem Wochenende – noch ohne Objekte – von interessierten Gästen besichtigt werden. Eine Kurzvisite lohnt sich auf jedem Fall. Ohne die störenden Trennwände vermag der Besucher erstmals in der Nachkriegszeit einen richtigen Eindruck von den Dimensionen und einer unzweifelhaft auf preußische Einflüsse verweisenden Regelmäßigkeit des Gebäudes erhalten, die äußerst reizvolle Einblicke ermöglicht. So ist fast der Tag zu fürchten, an dem die Dauerausstellung erstmals besichtigt werden kann. In einem Land, dessen Geschichtsbewußtsein äußerst schwach ausgeprägt ist, ist mit einer ebenso sperrigen Präsentation zu rechnen, die zugleich auch dem Komplex viel von diesem natürlichen Charme nehmen dürfte. Da hatten es die Gestalter der seit Ende der fünfziger Jahre am gleichen Ort präsentierten Dauerausstellung des damaligen Museums für Deutsche Geschichte in der DDR erheblich leichter, die eine einzige Verherrlichung der vermeintlich „fortschrittlichen“ deutschen Traditionen darstellte. Gleichzeitig mit der Eröffnung der Dauerausstellung werden erneut ein großzügiger Buchladen im Erdgeschoß an Stelle der momentanen Notlösung im Pei-Bau sowie ein Museumscafé den Besuchern zur Verfügung stehen. Bereits Ende 2003 wurde das Zeughaus-Kino wiedereröffnet, welches bis zu seiner Schließung unzweifelhaft mit dem besten Repertoire eines Programmlichtspielhauses in Berlin aufwartete. Hier werden neben Höhepunkten der Filmgeschichte regelmäßig Streifen präsentiert, die einen unmittelbaren Bezug zu den jeweiligen Sonderausstellungen haben. Über die Überglasung des Innenhofes – die bereits in den Jahren von 1868 bis zur Zerstörung 1945 existierte – kann man unterschiedlicher Meinung sein. Ein großer Teil der Besucher wird die unabhängig von der Jahreszeit gut begehbare und durch ihre Ausgestaltung mit Bänken zum Verweilen einladende Fläche sicherlich gut annehmen. Dennoch wirkt die Überdachung nicht nur auf dem ersten Blick wie ein Fremdkörper, die dem darunter befindlichen Raumkörper eine Art Wintergartenatmosphäre verleiht. Entsprechend Schlüters Intentionen wäre ein Wind und Wetter ausgesetzter Platz weitaus geeigneter gewesen. Auch nach der umfassenden Sanierung bleibt unklar, wie der immer deutlichere Gegensatz zwischen der ursprünglichen Nutzung des Gebäudekomplexes und seiner heutigen Funktion stärker aufgehoben werden kann. Anbieten würde sich ein stärkerer militärhistorischer Bezug, der sich durch die immer noch reichlichen Bestände des DHM problemlos verwirklichen ließe. Wenn dies unter den heutigen Zeitumständen schon nicht möglich oder nicht gewünscht ist, so sollte diesem Sachverhalt doch wenigstens im Rahmen einer kleinen Dauerausstellung zur Bau- und Nutzungsgeschichte des Zeughauses Rechnung getragen werden.

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