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Getöntes Schlachtengemälde

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Es gab einmal eine Zeit, da wurde Geschichte als Abfolge bedeutender Schlachten verstanden. Aufgabe von Geschichtsschreibung war es dagegen, diesen Schlachten einen ästhetischen und moralischen Gewinn zu entlocken, der den Nachgeborenen übermittelt werden konnte. Hier, so die Überzeugung der damaligen Chronisten, zeige sich der Mensch in seiner ganzen Tragik und Größe, und nur seine Tugenden könnten ihn den Ereignissen entweder würdig werden oder eine lächerliche Figur werden lassen. Wer nun welche Rolle eingenommen hatte, das stellte der Historiker immer gern fest, ob er nun Edward Gibbon hieß und den Untergang des Römischen Reichs beschrieb oder John F. C. Fuller, der nach 1945 drei Bände über die „entscheidenden Schlachten der westlichen Welt“ schrieb. Diese Studien hat der Grabert-Verlag jetzt in einem Band herausgebracht. Fuller brachte es in der britischen Armee zum Generalmajor, bevor er 1933 seinen Abschied nahm. Er gehörte dann in den dreißiger Jahren zu jenen britischen Konservativen, deren Antikommunismus bei ihnen eine deutliche Sympathie für faschistische Bewegungen erzeugte, wie Franz Uhle-Wettler in seinem Vorwort auch erwähnt. Fuller hielt sich oft in Deutschland auf und hat Hitler mehrmals selbst getroffen. Anders als David Lloyd-George oder Winston Churchill erlag er dessen Charisma allerdings nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft. Man wird nicht fehlgehen, wenn man dies den „entscheidenden Schlachten“ an etlichen Stellen auch anmerkt. Obwohl Fullers westliche Welt denkbar weitgefaßt ist, zeitlich bis zur Belagerung Athens durch Persien zurückverweist und räumlich bis in den Pazifik reicht, atmet das Werk in den zeitgeschichtlichen Teilen die Atmosphäre des Kalten Krieges und der von Vorurteilen durchsetzten Vorkriegszeit. Der Autor zitiert ausführlich die Ausführungen des polnischen Botschafters in Washington, der im Januar 1939 seinen eigenen antisemitischen Phantasien aufgesessen war und die Haltung des US-Präsidenten als nützliches Geschenk für angeblich auf Krieg zustrebende jüdischer Kreise sah. Die Entscheidung für den Krieg sei nicht in Berlin getroffen worden, schreibt er dunkel. Er spart dann nicht mit Kritik an Churchill und Roosevelt, denen er die Schuld daran zuschiebt, daß „türkische Horden“, womit die Rote Armee gemeint ist, bis nach Mitteleuropa vordringen konnten. Lapidare Bemerkungen über die „mindere Intelligenz von Asiaten“ waren im britischen Empire nicht unüblich, muten in einem 2004 erschienenen Buch aber deplaziert an. Vollends verwundert jedoch, wenn die deutsche Übersetzung, die durchaus Kürzungen und nicht kenntlich gemachte Neufassungen des Textes enthält, solche Stellen unangetastet läßt und manchmal noch verschärft. Was Fuller an Kritik zur Hitlerschen Außenpolitik oder den Morden an der SA-Führung vorgebracht hat, ist dagegen deutlich gemildert oder ganz gestrichen worden. Hier scheint eine political correctness ganz eigener Art am Werk gewesen zu sein. Eine verschenkte Chance ist dies, denn das Buch ist sonst in weiten Teilen handwerklich gut gemacht – und daß Geschichte auch aus Schlachten bestand, daran könnte man sich durchaus gelegentlich erinnern. John Fuller: Die Entscheidungsschlachten der westlichen Welt. Grabert Verlag, Tübingen 2003, 560 Seiten, 600 Abbildungen, 115 Karten, gebunden, 68 Euro Foto: John F.C. Fuller: Hitlers Charisma eher dauerhaft erlegen

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