Endlich ist es soweit: Die „Love Parade“ am 12. Juli in Berlin wird eingezäunt. Was die Landschaftsgärtner in den vergangenen Jahren trotz großen Gezeters nicht geschafft haben, das schafften diesmal spielend die Vertreter des Verbands der deutschen Getränkeindustrie. Auf ihren Einspruch hin hat der Senat verfügt, daß die Straße des 17. Juni, durch die sich alljährlich der lindwurmartige Riesenzug der Ausgezogenen und Aufgekratzten, Singenden und Saufenden wälzt, mit einem massiven Zaun gegen den umliegenden Tiergarten abgegrenzt wird. Den Getränkeherstellern waren die vielen „wilden“ Limonade- und Bierverkäufer ein Dorn im Auge, die die erhitzten Demonstranten illegal, ohne Lizenz, direkt aus den Büschen heraus mit Flüssigkeit versorgten und dadurch den Lizenzträgern das Geschäft verhagelten. Die Landschaftsgärtner hatten, wie gesagt vergeblich, vom anderen Ende her argumentiert. Die Feiernden, so klagten sie, würden zu viel in den Tiergarten hineinpinkeln und dadurch viele der dort liebevoll gehegten seltenen Pflanzen verätzen und abtöten. Nach jeder Love Parade müßten weite Strecken des Tiergarten neu angepflanzt werden. Das sei eine Kulturschande. Geschäft geht eben auch beim rot-roten Senat vor. Und letztlich, so tönt es aus dem Senatsgehege, laufe es doch aufs Gleiche hinaus. Was die Demonstranten nicht illegal und direkt aus dem Tiergarten einsaugen könnten, das würden sie auch nicht illegal und direkt im Tiergarten abschlagen. Letztlich würden also alle profitieren, die Getränkehändler wie die Pflanzen. Hoffentlich täuscht man sich da nicht. Zäune waren noch nie und nirgendwo ein wirksamer Damm gegen den Ansturm von Flüssigkeiten. „Das weiche Wasser besiegt den harten Stein“, dichtete einst Bert Brecht in seinem berühmten Poem über den Weg des Laotse in die Emigration. Warum sollte dann nicht ätzendes Wasser einen schlichten Zaun bezwingen?
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