Die Nachricht vom Tod seines Sohnes hat Ernst Jünger am Abend des 11. Januar 1945 erhalten. Jüngers erstgeborenes Kind Ernst, genannt „Ernstel“, war als Achtzehnjähriger bereits am 29. November 1944 in den Marmorbrüchen von Carrara in Mittelitalien gefallen. In Jüngers Tagebuch „Kirchhorster Blätter“ finden sich in den folgenden Tagen und Wochen zahlreiche Eintragungen, die vor allem den tiefen Schmerz Jüngers über den Verlust seines Sohnes bezeugen. Als er am 12. Februar eine Aufnahme vom Grab erhält, schreibt er: „So bringt jeder Tag ein Echo von ihm.“ Am 4. April hält er fest, daß er zum ersten Mal von „Ernstel“ träumte: „Er starb und ich umarmte ihn.“ In seinem Tagebuch „Jahre der Okkupation“ notiert Jünger unter dem Datum 16. April 1945: „Ich hause jetzt oben in Ernstels Zimmer und lese in Büchern, die er hinterlassen hat. (…) Ich fand hier auch alle meine Briefe an ihn, die er in einer Mappe gesammelt hat. Ihre Lektüre belehrt mich schmerzhaft, daß jeder Brief, den wir an einen unserer Nächsten schreiben, Teil einer großen Aufgabe ist.“ Für den Jünger-Biograph Paul Noack zeigen diese vielen Eintragungen, daß der Tod des Sohnes ein Ereignis ist, „das Jüngers stereoskopischem Blick zumindest zeitweise widersteht, das nicht durchsichtig werden und eine sinnhafte Struktur freigeben will, wie sie dieser Schriftsteller sonst noch in seinen schmerzhaftesten Erfahrungen findet“. Schließlich findet sich am 10. Mai 1945, genau in jener Zeit, in der Erich Hermann im Hause Jünger Unterschlupf fand, auch noch diese Eintragung: „Das Haus ist von Flüchtlingen überfüllt. Die einen sprechen ein, um sich für eine Stunde zu erholen, die anderen bleiben für eine Nacht, die dritten auf unbestimmte Zeit.“