Das Manifest, das Alain de Benoist eine „positive Überraschung“ nennt (JF25/03), faßt Europa als eine Antithese zu den USA auf. Doch Philosophen müßten die Parallele zwischen der Französischen Revolution und der amerikanischen Unabhängigkeit kennen. Beide Ereignisse markieren den Beginn der heute herrschenden Menschenrechtsdoktrin. Die USA sind nichts anderes als eine Filiale, die es aufgrund guter Standortbedingungen zu größerem Umsatz gebracht hat als das Mutterhaus. Mehrmals wird ausgerechnet Carl Schmitt zitiert, von dem man den Unterschied zwischen einem politischen und einem metaphysischen Feind gelernt haben sollte. Politisch mögen die Interessen der USA nicht immer mit den europäischen identisch sein – genausowenig wie zwischen den einzelnen europäischen Völkern. Trotzdem haben wir alle die gleiche Kultur. In Amerika ist nur alles vergrößert: nicht nur die Negativseiten einer modernen Gesellschaft sind deutlicher, auch die Leistungen übersteigen unsere. Wir wollen nicht behaupten, daß alles auf der Fabel vom Fuchs und den sauren Trauben beruht. Nein, es gibt auch echte Antiamerikaner. Aber die berufen sich bestimmt nicht auf Europa. Dann schon eher auf die Indianer, Südseevölker oder andere Menschengruppen, die vom euro-amerikanischen Imperialismus an die Wand gedrückt wurden. In den achtziger Jahren gab es an westlichen Universitäten die Mode, sich mit „außereuropäischem Denken“ zu befassen in der Hoffnung, dort Auswege aus der verdreckten und seelisch erstickenden Massengesellschaft zu finden. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, unter „außereuropäisch“ auch die US-Amerikaner zu verstehen! Gerade Jacques Derrida hat in dieser Zeit den Begriff des „Euro-Logo-Zentrismus“ geprägt für jene Denkweise, die griechische Tragödie und heilige Dreifaltigkeit genauso hervorgebracht hat wie die Atombombe. Jetzt will er dieses Erbe den Amerikanern allein in die Schuhe schieben, nur weil die in der Wüste Cola verschütten? Mag Europa politisch stärker werden, schön wär’s ja, doch seinsgeschichtlich (wie Heidegger sagte) ändert sich dadurch nichts. Mit „Goethe und der Bibel“ (wie Harald Schmidt das Alteuropäische bezeichnete) kommen wir gegen das Geschick des Amerikanismus nicht an, weil gerade im Christentum die Wurzeln des Gleichheitsdogmas liegen und im Humanismus die Voraussetzung westlichen Fortschrittswillens. Europa gegen Amerika ist wie Oldtimer gegen Rennwagen, also nicht besonders spannend.
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