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Affären und andere Geschichtchen

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Nach dem 11. September, so spricht die Stimme aus dem Off, scheint die öffentliche Meinung davon bestimmt zu sein, daß wir in einer Welt voller Haß, Neid und Habgier leben. Ein Gegenbeweis sei die Ankunftshalle in London-Heathrow, heißt es weiter, während Bilder von ankommenden Fluggästen gezeigt werden, die von ihren Freunden, Eltern, Kindern oder Geliebten begrüßt werden. Da wird umarmt, geherzt, Tränen der Freude fließen. Der innere Kern der Menschheit, heißt das, ist doch warm, weich und gut, oder: hinter dem Dunkelgrau der Schlagzeilen schimmern sanfte Pastelltöne. London, einige Wochen vor dem Weihnachtsfest: Ein Schriftsteller verläßt sein Haus und hat zuvor mit seiner Frau einen verliebten Abschied gefeiert, das Tagesgeschäft ruft. Als er früher als geplant zurückkehrt, öffnet ihm sein Bruder, sichtlich verdattert, und aus dem Obergeschoß ruft die offenbar gemeinsame Geliebte unverhohlene Sex-Botschaften herunter, die eindeutig nicht ihrem Mann gelten. Szenenwechsel: Ein junges Paar heiratet und wird während der kirchlichen Trauungszeremonie von einem grandios inszenierten – gut, man könnte auch sagen: gnadenlos kitschigen – musikalischem Glückwunsch überrascht. Alles wäre perfekt, denkt die Braut – wenn der Trauzeuge und beste Freund des Bräutigams nur nicht so unangemessen schroff zu ihr wäre. Ob er schwul ist und neidisch? Ein paar Straßen weiter wird der glücklich verheiratete (Emma Thompson als 1a-Ehefrau) Chef einer Medienagentur ganz scharf von seiner Sekretärin (Heike Makatsch) angesext und gerät dabei ins Wanken. Im gleichen Büro ist eine gutherzige Angestellte seit Jahren und für sämtliche Mitarbeiter klar erkenntlich in den charismatischen Designer Karl verliebt, scheinbar hoffnungslos. Währenddessen trägt ein anderer Mann (Liam Neeson) seine früh verstorbene Frau zu Grabe. Zu seinem Leid kommt der Kummer um den elfjährigen Stiefsohn, der das Lachen völlig verlernt hat. Spät kommt heraus: Es ist nicht nur der Verlust der Mutter, hinzu kommt die unglückliche Liebe zu einer unerreichbaren Mitschülerin. Gleiche Zeit, gleiche Stadt, anderes Niveau: Der neue Premierminister (Hugh Grant) wird in sein Amt eingeführt und schüttelt erstmals die Hände der Hausangestellten im neuen Amtssitz, darunter die von Natalie, propere Servierdame, bei deren herzerfrischend unvornehmen Betragen unklar bleibt, wie sie je zu diesem Posten kommen konnte. Der ledige Frischgewählte verfällt dem unbeholfenen Mädchen sogleich und weiß doch, daß diese Passion keine Zukunft haben kann. Die Zeit schreitet voran, und da der Advent begonnen hat, arbeitet sie für die unglücklichen Verliebten und wendet schließlich alles zum Guten. „Tatsächlich … Liebe“ ist eben ein heiterer, guter Vorweihnachtsfilm, und wenn auch nicht Glaube, dann soll wenigstens Hoffnung und Liebe in die Publikumswelt getragen werden, und das unter zahlreicher prominenter Beteiligung. Neben Hollywood-Größen als Hauptpersonen treten Billy Bob Thornton (als schleimig-notgeiler US-Präsident), Claudia Schiffer und Rowan Atkinson in Nebenrollen auf. Wenn schon anspruchslos, dann bitte nicht so arg warmherzig, war das Credo der Kritikerin eigentlich gewesen – und dennoch verläßt sie den Kinosaal in entspannter Rührung und zieht für diesmal ein gütiges Lächeln dem genervten Augenverdrehen vor, als sie auf dem Weg zur Haltestelle gleich vier ach-so-neckische Plastik-Nikoläuse Gründerzeitfassaden hochklettern sieht. Der nervige Ohrwurm jedoch, der als musikalischer running gag die Geschichtchen durchzieht, hält leider für Tage an.

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