Acht emaillierte Glasplatten, etwa fünf Meter hoch und etwa 2,30 Meter breit schmücken derzeit den Ausstellungsraum des Deutschen Guggenheim Museums in der ehemaligen Berliner Paradeallee Unter den Linden, unweit der Friedrichstraße. Sie sind das einzige Objekt der Ausstellung „Acht Grau“. Inszeniert hat sie der 1932 in Dresden geborene Künstler Gerhard Richter, der, wie das Beiblatt zur Ausstellung zu berichten weiß, „in den vergangenen vier Jahrzehnten zu einem der einflußreichsten Künstler unserer Zeit aufgestiegen“ ist. Die Ausführung der Auftragsarbeit des Guggenheim Museums, d.h. ihres Sponsors Deutsche Bank, wäre allerdings beinahe an der Skepsis Richters gegenüber dem mächtigsten Geldinstitut in Deutschland gescheitert. Ob es die Aussicht auf ein besonderes Gefühl von Aufmerksamkeit ist, persönliche Eitelkeit oder am Ende schlicht monetäre Gründe waren, die Richter bewogen, doch etwas zu produzieren, mag dahingestellt bleiben. Herausgekommen ist jedenfalls ein Objekt absoluter Verweigerung, so daß moderne Kunsthistoriker ihren großen Auftritt dabei genießen können, um dem fragenden Publikum Sinn und Zweck dieses praktischen Nichts aus kühl wirkendem Glas, monotonen weißen Wänden und einer ebensolchen Beleuchtung zu erklären. Gewiß kann man lange über das Für und Wider des Bestrebens, dem Betrachter neue Blickmöglichkeiten aufzuzwingen, ihn selbst aus seiner passiven Rolle in eine aktive zu drängen, diskutieren, und gelegentlich mag eine solche Diskussion auch nützlich sein. Was allerdings mit Sicherheit nutzlos ist, das sind Debatten darüber warum die eine Glasplatte oben in einem Abstand von 20 Zentimetern und unten von 30 Zentimetern zur Wand angeschraubt wurde und dies bei ihrem identischen Nachbarobjekt genau umgekehrt ist. Am aufschlußreichsten wäre vielleicht noch ein akademisches Gespräch darüber, warum dieses „Kunstwerk“ ein original „Richter“ ist und nicht das Werk eines anderen, sich der Postmoderne verschreibenden Künstlers und warum es notwendig ist, daß das Individuelle – doch eigentlich das wesentlichste Merkmal aller Kunst – in einer solchen Art und Weise vergewaltigt wird? Vielleicht tut man aber mit solchen Vermutungen Richter ein wenig unrecht, denn er kann ja teilweise auch anders, wie es der Großteil seiner Landschaftsbilder beweist. Wenn die Gründe für die Darbietung dieses Nichts tatsächlich eher in seiner anfänglichen Abneigung gegen den Auftraggeber liegen sollten, gibt es nur einen Rat für die Zukunft: Lieber ablehnen, als verbiegen. Die Ausstellung im Deutschen Guggenheim Museum Berlin, Unter den Linden 13/15, geht bis zum 5. Januar 2003.