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Geläutert und parfümiert

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Das waren noch Zeiten, als die Blätter im SED-finanzierten Kölner Pahl-Rugenstein Verlag erschienen. Als die DDR endlich ihr verdientes Ende gefunden hatte, war guter Rat zunächst teuer, doch schon bald wurden ein neuer Herausgeberkreis und eine (zumindest teilweise) neue Redaktion gefunden und schließlich auch eine eigene Verlagsgesellschaft gegründet. Dabei hat sich die politische Linie jedoch nur wenig geändert. Zu den eher links-orthodoxen Herausgebern um Detlef Hensche, Rudolf Hickel, Irene Runge, Gerhard Stuby, Reinhard Kühnl und Jörg Huffschmid gesellen sich nun mit Micha Brumlik, Dan Diner, Claus Leggewie, Walter Jens, Friedrich Schorlemmer, Günter Gaus und Jens G. Reich ein paar mehr oder weniger linksliberale hinzu. Immerhin erscheinen die Blätter inzwischen bereits im 46. Jahrgang als Monatszeitschrift. Und wenn selbst Alfred Dregger 1988 nicht davor zurückschreckte, in diesem linksextremistischen Umfeld zu publizieren, wäre doch möglicherweise nach ihrer Läuterung ein Blick in die Zeitschrift lohnenswert. Ist er aber leider nicht. Vergeblich sucht der Leser nach schlüssigen Antworten auf die brisanten gesellschaftlichen Veränderungen. Kritische Überlegungen zu Varianten und Perspektiven des globalen Kapitalismus werden – wenn überhaupt – dann nur äußerst sparsam dosiert angeboten. Auf eine Diskussion über die Überwindung des kapitalistischen Systems wird sogar ausdrücklich verzichtet. Wie man so den hiesigen Scheindebatten zwischen Regierung und Opposition und Gewerkschaften und Unternehmern einen Stachel versetzen will, ist schleierhaft. Auch eine Debatte über die Wechselwirkungen zwischen den europäischen Integrationsprojekten und den Kräfteverhältnissen in den jeweiligen Nationalstaaten bleibt merkwürdig blaß und ungenau. Und angesichts der ökonomischen und politischen Fakten in Deutschland und in der EU kann eine Analyse der Perspektiven der Linken natürlich nur in realisierbaren Konzepten für eine Politik enden, die „für republikanisch-demokratische Grundsätze, für eine über bündnispolitische und ökonomische Bindungen hinausgehende Westorientierung des Landes wie für soziale Gerechtigkeit und nachhaltige Entwicklung steht.“ Man will auch nicht „Freiheit und Sozialstaat, Natur und Zivilisation gegeneinander ausspielen“, sondern „für die Gründungsratio der Bundesrepublik und für die stets revisionsgefährdende deutsche Integration in die politische Zivilisation der Moderne“ eintreten. Das ist nun in der Tat die Original-Handschrift von Jürgen Habermas, und mit dieser Programmatik eines intellektuellen Flagellantentums haben sich die Blätter endgültig vom Marxismus verabschiedet. Mancher Leser mag dies begrüßen, aber „Linke“ oder „Rechte“, die „deftigere“ Kost bevorzugen als solcherart parfümierte linksliberale Verkrustungen, werden die Blätter ohne irgendeinen Nutzen schnell zur Seite legen. Anschrift: Blätter Verlagsgesellschaft. Bertha von Suttner-Platz 6, 53111 Bonn. Der Einzelpreis beträgt 17 Mark, das Jahresabo kostet 129,60 Mark.

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