Am Morgen des 1. März 1815 sichtete das Schiff, mit dem Napoleon Bonaparte sein Exil auf der Insel Elba verlassen hatte, die französische Küste. Damit begann gewissermaßen der eigentlich spannende Teil des Unternehmens: Wie würde Frankreich reagieren, wenn er den Fuß an Land setzte? Napoleon hatte selbstsicher prognostiziert, er würde ohne einen Schuß in Paris einziehen können.
Im Prinzip blieb ihm auch gar nichts anderes übrig, als diese Hoffnung zu haben, denn das, was er an Militär mitbrachte, konnte zunächst einmal von jeder lokalen Behörde verhaftet werden.
Ein Schuß hätte die Sache beenden können
Aber es kam wie vorhergesagt. Wo er auch auftrat, gingen Militär, Verwaltung und Bevölkerung zu ihm über. Besonders spektakulär wurde der Auftritt in Grenoble, wo die Garnison sich zunächst weigerte und der Kaiser ganz einfach allein und völlig offen auf das Tor zuging. Jetzt hätte ein einziger Schuß die Sache tatsächlich beenden können, aber er fiel auch diesmal nicht. Die Tore wurden geöffnet.
Die hohen Offiziere fielen der Magie des Herrschers ebenfalls zum Opfer. Da war zum Beispiel Marschall Ney, der den Kaiser im Vorjahr zur Abdankung überredet hatte und ihm deshalb als ganz besonders qualifiziert entgegengeschickt wurde.
Statt Napoleon in einen Käfig zu sperren, wie er es dem neuen König ausdrücklich versprochen hatte, trat Ney erneut an dessen Seite. Überhaupt verbanden sich mit dem Saarländer Ney einige Szenen, die weit in die Zukunft wiesen.
Pariser Wahrheitspresse
Unter seinem Kommando hatte 1812 ein allerletzter Rest an Württemberger und Frankfurter Truppen den Rückzug aus Rußland gedeckt und sich dabei an Orten ausgezeichnet, die 130 Jahre später wieder im deutschen Heeresbericht auftauchen sollten. Von zeitlosem Wert für den Erwerb von Medienkompetenz ist das Studium jener Schlagzeilen, mit denen die Pariser Wahrheitspresse den Reiseverlauf Napoleons kommentierte:
- Der Menschenfresser hat seine Höhle verlassen.
- Der Wehrwolf von Korsika ist soeben bei Cap Juan gelandet.
- Der Tiger ist zu Gap angelangt.
- Das Ungeheuer hat zu Grenoble übernachtet.
- Der Tyrann ist durch Lyon gekommen.
- Der Usurpator ist sechzig Lieues von der Hauptstadt gesehen worden.
- Bonaparte rückt schnell vorwärts, aber er wird nie in Paris einziehen.
- Napoleon wird morgen unter unseren Mauern sein.
- Der Kaiser ist zu Fontainebleau angelangt.
- Seine Kaiserliche und Königliche Majestät hielten gestern Abend Ihren Einzug in Ihr Tuilerien-Schloß, in der Mitte Ihrer getreuen Untertanen.
Die Freiheit der Presse hatte schon immer viel mit der Freiheit des Journalisten zu tun, den Mächtigen nach dem Munde zu schreiben. Da ihn nun die Schlagzeilen wie gewohnt in den Himmel hoben, war Bonaparte endgültig „wieder da“. Der bisherige König hatte stillschweigend die Kutsche genommen und war abgereist. Napoleon hatte bewiesen, daß er Frankreich personifizierte. Es blieb die Frage, ob dieses Frankreich eine Zukunft hatte.