Sonntag, 27. April 2014
Sterngucker: Am Nachbartisch vor dem Café eine Mutter mit ihrem Sohn, der eingehend einen Fünf-Euro-Schein studiert und schließlich die Sterne entdeckt. Darauf die Mutter erklärend: „Das steht für Europa.“ Darauf der kleine: „Opa!“ – „Nein, Eu-ro-pa!“. Doch der Junge bleibt felsenfest bei seinem Ergebnis: „Opa!“
Der Tagesspiegel berichtet über die erfolgreich behinderte NPD-Demonstration, deren „Aufmarsch“ nur 180 Meter weit kam. Der Journalist des Blattes stellt nüchtern fest: „Die Polizei ließ die Blockade tatenlos anwachsen.“ Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), ist weiter zu lesen, habe daraufhin allen gedankt, „die ein friedliches Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz gesetzt haben“. Die grüne Abgeordnete Clara Herrmann entblödet sich, das Ergebnis – den im Namen des Demos (sprich: Mobs) gebeugten Rechtsstaat – einen „Erfolg der Zivilgesellschaft“ zu nennen. Der Tagesspiegel ist zufrieden, die „Generalprobe“ der Polizei (in Hinblick auf den 1. Mai) habe nur einen schwer verletzten Polizisten (Krankenhaus) und weitere leicht verletzte Polizisten gefordert. – Warum sind die auch so blöde: Deutsche Polizisten schützen Mörder und Faschisten.
Der Euro, oder: märchenhaft: Dies illustriert eindrucksvoll das Bild in dem FAS-Bericht über die bevorstehende Konferenz der Zentralbanker zur EZB-Geldpolitik vom 25. bis 27. Mai in Sintra, dem portugiesischen Neuschwanstein.
Dienstag, 29. April 2014
„Salzgitter II“: Auch der Kabarettist Mathias Richling versucht sich in seiner Show an Denunziationen und Diffamierungen der AfD, wie sie Oliver Welke in seiner „heute-show“ inzwischen regelmäßig praktiziert. Während die Parodie von Schröder und Putin halbwegs glückt, ist die Schlußszene des russischen Präsidenten so ungeheuerlich, daß ich als Betroffener eine strafrechtliche Anzeige prüfen würde: Auf die Frage, ob die Deutschen Angst vor Putin haben müßten, wenn dieser selbst zu Sanktionen greife, antwortet dieser (ebenfalls von Richling gespielt) sinngemäß: „Aber ich bitte Sie, selbst wenn ich eines Tages die Gaslieferung einstellen würde, bei Ihrer politischen Landschaft – AfD und NPD – werden Sie mir am Ende noch dankbar sein.“ Infam ist hier nicht nur die – wie auch vom Türken-Politiker Özcan Mutlu vorgebrachte – Gleichsetzung von AfD und NPD, es ist die ungeheuerliche Insinuation, deren parteipolitischen Ziele seien die Vergasung der Juden wie im Dritten Reich. Aber was soll’s: Wenn die Nazis bis zum Jüngsten Gericht tagtäglich bekämpft werden müssen, dann muß halt irgendwer dafür herhalten.
Mittwoch, 30. April 2014
Der Deutschlandfunk berichtet in seiner Sendung „Europa heute“ aus Ungarn, das sich – so der Moderator – von Europa entferne. Begründung: Die Regierung Orbán diktiere Energiepreise und verlange von ausländischen Banken eine Extra-Abgabe. Was ist dagegen mit dem EEG und mit der Bankenunion? Leute, Leute! Verlaßt Euch nicht auf Europa heute!
Donnerstag, 1. Mai 2014
Nach Hause zum (konter-)revolutionären 1. Mai. Thomas Wolfes „Es führt kein Weg zurück“ gelesen, das im vorletzten Kapitel den Mai und Sommer des Jahres 1936 schildert.
Freitag, 2. Mai 2014
„Put out“ im Zweizeiler: Putin ist für mich / Ein Kriegstreiber.
Überall Handtaschenräuber und Scheinasylanten – da hilft nur noch Hubschraubereinsatz! Anderes fällt mir zu der Tragik des in den USA erschossenen türkischen Austauschschülers aus Hamburg, der nun in der Türkei beerdigt werden soll, nicht mehr ein. Frage mich: Was nützt am Ende alle Integrationsbemühung, wenn das Ziel am Ende doch die Türkei ist?
Sonnabend, 3. Mai 2014
„Salzgitter II“: Berliner Morgenpost, was für ein Blech! Die Journalistin Sarah Maria Brech berichtet über die vorzeitige Freilassung des Mörders von Pim Fortuyn, Volkert van der Graaf. Darin wird geschildert, daß der aktuelle Fall in den Niederlanden mit großer Spannung verfolgt werde, „denn van der G.’s Tat – zusammen mit dem Mord an Regisseur Theo van Gogh 2004, der einen Film über Fortuyn vorbereitete – hat das Land für immer verändert“. Wer glaubt, daß der Text jetzt folgerichtig weitergeht (gesellschaftlicher Schock, Erwachen, Erkenntnis der Gefahr des Islams, gefährdete Meinungsfreiheit), hat sich getäuscht. Statt dessen heißt es: „Er bereitete einem neuen Typus Politiker den Boden: Rechtspopulisten.“
Sonntag, 4. Mai 2014
„Salzgitter II“: Der Kampf geht weiter: Wurde in der FAS letzte Woche zur Jagd auf den angeblichen Nazi-Verharmloser Siegfried Lenz geblasen, geht es diesmal gegen den legendären Theaterkritiker und Publizisten Alfred Kerr (1867–1948), der von Gerhard Henschel – wegen der Feindschaft zu Karl Kraus – hier zum nationalistischen und antisemitischen Bellizisten erklärt wird. Entsprechend skandalös, so die Insinuation des Denunzianten Henschel, sei die noch heute praktizierte Vergabe des Alfred-Kerr-Preises für Literaturkritik und der Alfred-Kerr-Darstellerpreis.
„Die Griechen sind entspannter“ – der ehemalige Chefökonom der Deutschen Bank, Thomas Mayer, reflektiert in seiner aktuellen „Weltwirtschaft“-Kolumne in der FAS die fatale Gelassenheit der Griechen. Obwohl deren Staatsschuldenquote 177 Prozent des BIP beträgt, meinen die Verantwortlichen das Problem sei nun gelöst, schließlich habe man – so die wörtliche offizielle Argumentation – die Staatsschuld „japanisiert“, das heißt: weitergereicht an Gläubiger, die nicht mehr auf die Rückzahlung drängen. Thomas Mayers Fazit: „‘Japanisierung’ der Verhältnisse bedeutet auch einen Verlust an Vertrauen in die Fähigkeit der Politik zur Gestaltung.“ – Aber die tut so, als wäre der Euro im Prinzip bereits gerettet.
Frankfurter Allgemeine: Dahinter steckt immer öfter ein taz-Mann. In der heutigen FAS huldigt der ehemalige Wirtschaftsredakteur der tageszeitung Ralph Bollmann der „Ikone der Antikapitalisten“ Rosa Luxemburg und ihrer – noch nicht eingelösten – Prophezeiung des Untergangs des kapitalistischen Systems.
Lese, daß die Krimi-Serie „Ein Fall für zwei“ wieder auf Sendung gehen soll. Ginge es nach mir, wäre für die öffentlich-rechtlichen Sender ein mindestens einjähriges Moratorium zu verhängen mit der Maßgabe, für den betreffenden Zeitraum sämtliche Krimiproduktionen einzustellen und sämtliche Mittel hierfür zu streichen. Irgendwo muß mit dem Sparen ja angefangen werden.
Montag, 5. Mai 2014
Fünf vor Zwölf: Das ZDF zeigt heute um 23.55 Uhr, in der Reihe „Das kleine Fernsehspiel“, den Dokumentarfilm „Die Arier“ von Mo Asumang, deren direkter Zugang zu der Thematik Respekt und Aufmerksamkeit verdient, auch, weil die Moderatorin und Filmemacherin nicht den politisch-korrekten Reflex dieser Republik bedient: „Ein Nazi ist kein Gespenst, sondern ein Mensch. Auch wenn er Rassist ist und schlimme Dinge getan hat, verdient er als Mensch Respekt. Auch wenn man darauf keinen Bock hat und ihn am liebsten anschreien würde. Aber wenn wir besser sein wollen als die, müssen wir auch andere Methoden haben. Man kann nicht einfach nur sagen ‘Nazis raus! Haut mal ab!’ Das ist das, was die machen. Aber damit wird man nichts lösen.“