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Landkartenpolitik

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Im Jahr 1421 reiste eine Delegation des polnischen Königs nach Rom. Sie übergab dort dem Papst eine Landkarte des eigenen Landes, oder jedenfalls eine Karte dessen, was der polnische König als sein Land beanspruchte. Das hört sich eigentlich nach einem wenig aufregenden Auftrag an, doch handelte es sich dabei erstens um die älteste Karte von Polen, von deren Existenz wir überhaupt wissen, und zweitens um eine eminent politische Angelegenheit. Die polnische Delegation reiste keineswegs aus geographischem Allgemeininteresse nach Italien, sondern sie hatte einen direkten Auftrag: Sie sollte in einer der zahlreichen ungeschlichteten Rechtsstreitereien zwischen der polnischen Krone und dem deutschen Orden Einfluß auf den Papst nehmen.

Letzte Instanz in polnischen Auseinandersetzungen mit dem Deutschen Orden war auch im 15. Jahrhundert immer noch der Papst als unmittelbarer Herr des Ordens. Als Gerichtsstand in diesen Angelegenheiten fungierte also Rom. Das führte zu einer heutzutage manchmal verdrängten politischen Prägung der Gerichtsakten, die gern als Quelle über die damaligen Zustände in Ostpreußen verwendet werden. So gehörte es zu den Standardklagen der polnischen Seite, dem Deutschen Orden eine zu große Nachlässigkeit gegenüber heidnischen Umtrieben vorzuwerfen. Das wurde von Ordensseite natürlich lebhaft zurückgewiesen, mit dem zweifelhaften Erfolg, daß solche gerichtlichen Selbstverteidigungsdarstellungen später von anderen polnischen Autoren als Beweis besonderer deutscher Grausamkeiten gegen die heidnische Bevölkerung herangezogen wurden. Wie man es macht, macht man es im Lauf der Zeiten eben verkehrt.

Jedenfalls stand am Anfang der polnischen Kartographie offenbar die Politik in einer recht modernen Form, nämlich der Einsatz einer Landkarte als Mittel der politischen Auseinandersetzung mit Deutschen. Leider kennt man über die bloße Existenz hinaus den Inhalt der Polen-Karte von 1421 nicht genau, denn die Karte selbst ist entweder ganz verlorengegangen oder in den Archiven des Vatikan unauffindbar verlegt worden. Man darf jedoch vermuten, daß auf ihr nicht ganz so großzügige Grenzen gezogen worden waren wie auf jenen utopischen Landkarten des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, auf denen polnische Nationalisten halb Osteuropa einschließlich ganz Ostdeutschlands für das eigene Land beanspruchten. So modern war man 1421 nun auch wieder nicht.

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