Der Kampf um die Rettung der Schreibschrift zieht sich von Bundesland zu Bundesland. In Hamburg hat er begonnen. Dort steht es derzeit unentschieden: Seit dem Schuljahr 2011/2012 kann jede Grundschule selbst entscheiden, ob sie noch Schreibschrift unterrichtet. Viele Schulen behalten diese Kulturtechnik bei, die Opposition kämpft auch dafür, hat jedoch noch keinen Sieg errungen.
In Bayern hingegen konnte die geplante Abschaffung des Schreibschriftunterrichts bereits verhindert werden. Rechtzeitig vor dem Lehrplanwechsel sorgte der wachsende Widerstand dafür, daß der eigentlich bereits in die Wege geleitete Wechsel zur „Grundschrift“ gestoppt wurde. Im neuen Lehrplan wird sogar zusätzlich zur bisherigen „Vereinfachten Ausgangsschrift“ (VA) – das ist eine mit Mängeln behaftete Schreibschrift, die bereits an die Druckschrift angenähert ist – die qualitativ bessere „Schulausgangsschrift“ (SAS) zur Wahl gestellt.
Rettung in Bayern, Ungewißheit in Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz sieht es jedoch nicht so gut aus. Dort stellte zwar die CDU-Landtagsfraktion Ende Februar dieses Jahres den Antrag, „im Unterrichtsfach Deutsch die Kulturtechnik der Schreibschrift verbindlich in den Lehrplänen festzuhalten“, was die Kultusministerin Doris Ahnen (SPD) aber zurückwies.
Wichtigster Schauplatz ist derzeit Thüringen. Dort empören sich immer mehr Eltern gegen den schleichenden Abbau des Schreibschriftunterrichts. Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (SPD) hatte sich lange zurückgehalten und ihren Kultusminister Christoph Matschie (SPD) gewähren lassen.
In Thüringen entscheidet die Landtagswahl
Nun ist das Thema im Wahlkampf angekommen. Im Herbst 2014 wählen die Thüringer ihren Landtag. Die CDU beschloß: „Wir werden dafür Sorge tragen, daß Schüler weiterhin in ‚herkömmlicher‘ Schreibschrift schreiben lernen. Diese stellt für unsere Gesellschaft ein wichtiges Kulturgut dar und unterstützt die motorische Entwicklung der Kinder. Ausschließliches Schreiben nur in Druckbuchstaben oder Schreiben nur mit elektronischen Geräten lehnen wir ab.“
Lieberknecht sagte vor kurzem im Schleizer Konrad-Duden-Gymnasium: „Ich plädiere dafür, daß wir das Erlernen der Schreibschrift in den Lehrplänen der Grundschule wieder als verbindlich regeln.“ Nun ist die Landtagswahl auch eine Entscheidung für oder gegen die Schreibschrift. Sollte es freilich zu einer rot-roten Landesregierung kommen, ist es wohl um die Zukunft der Schreibschrift schlecht bestellt.
Schweiz schafft Schreibschrift ab, Österreich behält sie
Unterdessen haben in der Schweiz die Druckschrift-Befürworter Oberwasser bekommen. Dort heißt die Schreibschrift „Schnüerlischrift“, und während in der Bundesrepublik die neue Druckschrift „Grundschrift“ genannt wird, heißt sie in der Schweiz „Basisschrift“. Die Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz – sie entspricht der bundesdeutschen Kultusministerkonferenz – hat die Kantone und Pädagogischen Hochschulen befragt. Nahezu alle befürworteten die „Basisschrift“, wie sie bereits im Kanton Luzern verpflichtend gelehrt wird. Im Juni dieses Jahres fällt die Konferenz ihre Entscheidung, und sie wird voraussichtlich leider zuungunsten der Schreibschrift ausfallen.
Gute Nachrichten kommen hingegen aus Österreich: „Derzeit gibt es keine Bestrebungen, den Status quo zu verändern“, heißt es aus dem Unterrichtsministerium. Der Kampf um die Schreibschrift ist noch nicht entschieden, aber er ist nicht hoffnungslos.