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Großer Bruder, kleine Erkenntnis

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Es ist gelegentlich schon sehr ulkig, zu sehen, wie „brandneue“, „gravierend“ „kontroverse“ Dinge innerhalb von ein paar Tagen wieder versanden. Als zugegebenermaßen böswilliger und gelegentlich hintergründiger informierter Beobachter denkt man sich da schon so seinen Teil, aber das sei natürlich jedem selbst überlassen. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine ist allerdings folgender Sachverhalt sehr aufschlußreich. Zuvor: Ich werde hier keine Verweise auf wikipedia setzen; es gibt zum Thema mittlerweile mehr als genug gute Bücher, denen man zumindest einen Deut Glauben schenken kann.

Am Sonntag, dem 11. dieses Monats, bemühte sich der Spiegel, endlich einmal wieder mit bahnbrechenden Erkenntnissen die gerade erst seit 1990 virulente Geheimarmeen-Problematik neu aufzurühren. Demnach hätten ehemalige Kriegsoffiziere ab Gründung der Bundesrepublik „eigenmächtig“ (ist klar…) logistische wie personelle Vorbereitungen unternommen, um im Falle eines sowjetischen Einmarsches in die westlichen Besatzungszonen Widerstand leisten und „die Bundesrepublik freikämpfen“ zu können. So weit, so uninteressant – denn daß von westlicher Seite in ganz Europa Untergrundarmeen aufgestellt oder zumindest finanziert wurden, ist in seinen Umfängen seit bald einem Vierteljahrhundert bekannt.

Im Falle eines sowjetischen Einmarsches: Der Bund Deutscher Jugend stand bereit

In der Bundesrepublik ist das bislang frühest bekannte Beispiel der 1950 gegründete (und drei Jahre später wegen „Beteiligung an einer Geheimorganisation“ verbotene) „Bund Deutscher Jugend“, dessen Organisatoren ebenfalls ehemalige Offiziere der Wehrmacht und Waffen-SS waren und dessen „Technischer Dienst“ nach derzeitiger Kenntnislage eine Kommandoausbildung zum Partisanenkampf erhielt, inklusive vorbereiteter Liquidationslisten politisch unzuverlässiger Parteifunktionäre im Falle eines sowjetischen Übergriffs. Dabei ist festzuhalten, daß der BDJ in seiner kurzen Bestehenszeit dezidiert pro-atlantisch auftrat; eine Finanzierung der Organisation durch die USA steht dementsprechend heutzutage außer Frage.

Hinsichtlich der ein Jahr nach Verbot des BDJ im „Kameradschaftsring Nationaler Jugendverbände“ zusammengeschlossenen Organisationen fällt eine Charakterisierung schon schwerer; in Sachen der allgemeinen Tendenz der Etablierung von Stay behind-Organisationen in Europa, insbesondere in der Bundesrepublik, möge man vielleicht lediglich kurz über die zeitliche Koinzidenz nachdenken. Eine Linie führt von hier jedenfalls bis zum „unglücklicherweise“ vor einer Aussage suizidierten Waffendepot-Verwalter Heinz Lembke, der unter anderem mit den rechtsterroristischen „Deutschen Aktionsgruppen“ zusammengearbeitet haben soll. So oder so soll hier nicht die Behauptung aufgestellt werden, sämtliche Jugendorganisationen der Nachkriegszeit hätten an der CIC/CIA-Zitze gehangen. In jedem Fall gilt dies aber auch für die aktiv gegen die Sowjetzone/DDR gerichtete „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“, deren wesentliche Protagonisten man ungeniert auf den stalinistischen Richtblöcken umkommen ließ.

Berlin wolle sich „an einer weiteren Aufklärung nicht beteiligen“

Auf die Spiegel-„Enthüllung“ jedenfalls sprangen innerhalb von 48 Stunden sämtliche, aber auch wirklich sämtliche großen etablierten Medien auf, von Welt und FAZ über Süddeutsche und Die Zeit bis hin zu den randständigen und ohnehin nicht ernstzunehmenden Klitschen wie Neues Deutschland und ZDF. Ist klar – Hitler verkauft sich eh immer besonders gut, „geheime“ Geschichten auch (besonders, wenn man das ganze noch mit ein paar zackig marschierenden Kolonnen aufpeppt, wie im Hause Springer), und auf den Kadaver Adenauers prügelt sich um so besser ein, wenn gerade erst das so unwahrscheinlich fesselnde Dokudrama über die Spiegel-Affäre gelaufen ist.

Daß man nun aber seither nichts, aber auch gar nichts mehr von dieser Angelegenheit gehört hat, ist an sich bezeichnend genug. Gründe dafür gibt es sicherlich; möglich wäre etwa, daß die am 13. Mai veröffentlichte „Journaille, laßt mal lieber Fachleute reden“-Einlassung des Kollegen Kellerhoff die betroffenen, traurigen und ein wenig hungrigen iMac-Ritter ruhiggestellt hat. Oder, daß man sich daran erinnerte, daß sich die Bundesregierung „an einer weiteren Aufklärung nicht aktiv beteiligen“ wird. Vielleicht ist man auch schlicht darin übereingekommen, daß man angesichts des derzeitigen Rummels um den Ukrainischen Frühling lieber nichts anfängt, was eventuell in die Richtung amerikanischer Unterstützung militanter Untergrundgruppen ausschlagen könnte… Wer weiß?

 

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