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Fußball polarisiert

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Cato, Palmer, Exklusiv

Vor vier Jahren schlenderte ich mit einem Bekannten durch die Straßen meines Heimatdorfes. Die italienische Nationalmannschaft spielte in der Gruppenphase der Fußball-Weltmeisterschaft gegen die Slowakei um die letzte Chance auf den Einzug ins Achtelfinale. Wir waren auf der Suche nach einem Lokal, in dem Anhänger der italienischen Mannschaft – Tifosi – das Spiel verfolgten. Der Grund: Medien und südtiroler Parteien warnten vor Krawallen. Die Befürchtungen dazu waren berechtigt.

Als Italien 2006 Weltmeister wurde, feierten italienischsprachige Jugendliche mit Mussolini-Fahnen und anderen faschistischen Symbolen vor dem Siegesdenkmal in Bozen. Dabei skandierten sie antideutsche und gegen die deutschsprachige Bevölkerung gerichtete Parolen. In Südtirols Städten schlängelten sich hupende Autokorsos mit ebenjenen Fahnen durch die Häuser. Die südtiroler Bevölkerung fühlte sich für einen Moment lang an die faschistischen Repressalien der Zwischen- und Nachkriegszeit erinnert.

Südtiroler reagieren sensibel beim Thema Identität

Tatsächlich bemerkten wir, wie sehr Fußball in Südtirol polarisiert und bei Großereignissen auch politisch ausgeschlachtet wird. In einigen Kneipen waren ausschließlich Anhänger der italienischen Mannschaft anwesend. Soweit nichts neues. In jeder Stadt mit mindestens zwei größeren Fußballclubs ist dieses Gruppenverhalten bemerkbar. Problematisch wird es, wenn der Fußball über sportliche Differenzen hinaus zu Rivalitäten bis hin zu politisch motivierten Straftaten führt.

Besonders in einem Land wie Südtirol, das durch seine Geschichte besonders sensibel reagiert, wenn es um die Frage der Identität geht. Bedingt durch Italiens Niederlage und somit dem überraschenden Aus des amtierenden Weltmeisters, waren die italienischen Fans nicht in Feierlaune. An jenem Abend erlebten wir zum Glück nur einige wenige Sticheleien in Richtung tifosi von Anhängern der deutschen Mannschaft, die souverän ins Achtelfinale einzog.

WM 2018: Deutschland gegen Südtirol?

Jetzt erlebt Südtirol, wenige Tage vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien, erneut unerfreuliche Zwischenfälle im Fußball. Während Medien und Politik ihre Anstrengungen auf das im Passeiertal stattfindende Trainingslager der deutschen National-Elf richtet, kritisiert der Südtiroler Schützenbund, daß es im Amateurfußball immer wieder zu „Einschüchterungen und ungerechtfertigte(n) Strafen kommt, weil sich Fußballer ihrer deutschen Muttersprache bedienen.“ Italienischsprachige Schiedsrichter drohen Spielern mit der roten Karte, wenn Fußballer untereinander deutsch reden. In anderen Fällen ignorierte der Schiedsrichter Spieler und Trainer, wenn sie ihn nicht auf italienisch ansprachen.

Das sind zwar Einzelfälle, dürfen deshalb aber nicht ignoriert werden. Denn sie zeigen, daß es in Südtirol einen Graben gibt, der vor allem bei sportlichen Großereignissen aufbricht, ansonsten im alltäglichen Geschehen aber nicht bemerkt oder ignoriert wird. Für viele Jugendliche in Südtirol ist der Begriff Nation etwas abstraktes. Der internationale Gedanke ist deshalb auch viel präsenter als der nationale. Schließlich beginnt die Mehrzahl der südtiroler Studenten ein Studium in Österreich, Familien fahren für Großeinkäufe in die Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck oder nach Lienz. Den Sommerurlaub verbringt sie aber doch lieber an italienischen Stränden. Es sind diese Grenzwanderungen, die die Identität als Südtiroler stärken mögen, jene als Italiener oder Österreicher aber mit Sicherheit schwächen. Vielleicht gibt es bei der Fußball-WM 2018 tatsächlich ein Finale zwischen Südtirol und Deutschland, wie sich das einige fesche Südtirolerinnen wünschen.

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