Hat den VfB Stuttgart der Größenwahn gepackt? Verwechselt sich der schwäbische Hauptstadt-Klub, der – von gelegentlichen Ausreißern zur Meisterschale oder in den Tabellenkeller abgesehen – zuverlässig im Mittelfeld der Bundesliga mitschwimmt, seit neuestem mit dem württembergischen Herrscherhaus?
Der Gedanke drängte sich spontan auf beim Anblick der ersten Plakate mit VfB-Kickern vor dem neuen Vereinsmotto: „Furchtlos und treu“. Ein Jahrhundert lang, bis zum Ende des Ersten Weltkriegs und der Ausrufung der Republik, war das immerhin der Wappenspruch der württembergischen Könige.
Aber ich bin ja auch kein Grüner. Die haben da ganz andere Assoziationen, denn die denken immer nur an das eine, oder eben: den einen. So wie Jürgen Walter, Ewig-Abgeordneter im baden-württembergischen Landtag, der es unter seinem Parteifreund Kretschmann jetzt immerhin zum Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gebracht hat. Der muß sich jetzt auf einmal für den VfB „schämen“.
Was ein echter grüner Wehrdienstverweigerer ist …
Jürgen Walter hat natürlich viel Verständnis für die historisch Ahnungslosen und Viertelgebildeten in den Leserbriefspalten und Netzforen, die über den „hirnlosen“ und „nationalistischen“ Spruch schimpfen, der sich nach „Panzerdivision“ anhöre. Auch in Baden-Württembergs Schulen hat längst allerlei Sozialkompetenzfirlefanz die x-fach umbenannte einstige Heimat- und Sachkunde an den Rand gedrängt, und Jürgen Walters Partei hat das ja auch eifrig vorangetrieben. Wie soll da jeder Schwabe noch den Wahlspruch seines abgedankten Königshauses kennen?
Von der GEZ-Rundfunkzwangssteuer überbezahlte Fernsehfritzen hetzen auch noch eifrig mit: „Furchtlos und trew“ stand ja gerade 1914 auch auf den „Gürtelschnallen“ (gemeint: Koppelschlössern) der „deutschen Soldaten“ (gemeint: der württembergischen Regimenter, bei den Preußen und den badischen „Gelbfüßlern“ stand dort „Gott mit uns“), als die sich „sinnlos in den Tod stürzten“, und dann gab es ja auch noch irgendeine Neonazi-Gruppe, die sich auch so nannte … Was ein echter grüner Wehrdienstverweigerer ist, der riecht halt den Adolf in jeder Sofaritze.
Regionale Identität kommt an
Bislang freilich ist nicht der neue Wahlspruch „nach hinten losgegangen“, wie es Walter & Co. gerne hätten, sondern die Kampagne dagegen. So schnell stampft ein Bundesligaklub wegen ein paar politkorrekter Nörgler denn doch keine Marketingoffensive ein, die schon einen sechsstelligen Betrag gekostet hat. Man habe sich im übrigen von Historikern die Unbedenklichkeit bescheinigen lassen, heißt es von VfB-Seite nicht ganz so furchtlos. Immerhin, sogar von der Lokalzeitung gibt’s Rückendeckung, und nicht wenige Württemberger finden es eigentlich ganz gut, die alte Landesdevise wieder öfter zu hören.
Regionale Identität kommt an, vielleicht spricht sich das ja auch noch außerhalb des Fußball-Kommerzbetriebs herum. Dem VfB fehlen jetzt nur noch die Ergebnisse, die zum hehren Motto passen. Vielleicht sollten seine Profis es zur Abwechslung mal mit dem preußischen Wahlspruch Helmuth von Moltkes versuchen: Viel leisten, wenig hervortreten, mehr sein als scheinen.