Die Nachricht überraschte nach den Anfeindungen der letzten Jahre: Der Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche wird nun von der Bundesregierung mit zwölf Millionen Euro gefördert, nachdem sie als Projekt von nationaler Bedeutung eingestuft wurde.
Die 1968 auf Betreiben der SED-Führung gesprengte Barockkirche wird von manchen Linken bis heute auf den „preußischen Militarismus“ und den berüchtigten „Tag von Potsdam“ reduziert, was das im 18. Jahrhundert errichtete Bauwerk nun wirklich nicht verdient hat. Nun sollen die Bauarbeiten zur Wiedererrichtung bereits im nächsten Jahr beginnen. 2017 soll dann zumindest der Turm wieder die Silhouette der Stadt prägen.
Die Garnisonkirche fügt sich in eine Reihe von vergleichbaren aktuellen Rekonstruktionsprojekten, bei denen es darum geht, ausgewählte bedeutsame Einzelbauwerke und Ensembles, die durch den Zweiten Weltkrieg und den Abbruchwahn der Nachkriegszeit zerstört wurden, wiederzuerrichten. Im Potsdamer Fall zeigt sich die Beliebtheit und Dynamik dieser Projekte schon daran, daß sich unmittelbar nach Bekanntwerden der staatlichen Förderung weitere private Spender gemeldet haben. Da wirken die erneuten Blockadeversuche der Linkspartei nur noch wie Spaßbremsen aus der Gruft.
Landauf, landab besinnt man sich aufs bauliche Erbe
Ähnlich dürfte es sich verhalten, wenn es demnächst mit dem Bau des Berliner Stadtschlosses sichtbar losgeht. Es wird erwartet, daß die Spendenbereitschaft für die 80 Millionen Euro teure Schlütersche Barockfassade erst richtig Fahrt aufnimmt, wenn der Rohbau sichtbar wird. Das könnte bald passieren, denn nach der Grundsteinlegung im Juni soll das „Humboldtforum“ nun 2014 bereits im Rohbau stehen und somit ein sichtbares Zeichen im Stadtzentrum bieten. 2017 könnte der Bau weitgehend fertiggestellt sein.
Auch in anderen Teilen der Republik sind gerade die letzten Großprojekte der dritten Rekonstruktionswelle (nach der direkten Nachkriegszeit und den postmodernen 80ern) in der Bauphase oder wurden gerade fertiggestellt. In Potsdam beispielsweise wird das 1959/60 ebenfalls abgerissene Stadtschloß gerade als Landtagsneubau fertig rekonstruiert. Allerdings in abgespeckter Version, wie beispielsweise ein Vergleich des aktuellen modernen Geländers der kleinen Fahnentreppe mit der historischen Gestalt eindrucksvoll belegt. Dem Potsdamer Stadtschloß angeschlossen ist die Wiederherstellung des ganzen Platzensembles an der Alten Fahrt, das bis 2016 fertiggestellt sein soll.
Ein Berliner Investor beginnt zudem dieses Jahr mit der Rekonstruktion von Kaiser Wilhelms im norwegischen Stil gehaltener Matrosenstation „Kongsnaes“ am Jungfernsee. Das schmucke Holzgebäude soll für Gastronomie der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.
Bürgerschaftliche Initiativen, privates Engagement
In Hannover hat man dieses Jahr das rekonstruierte Schloß Herrenhausen einweihen können. Im anhaltinischen Zerbst ist man hingegen noch die nächsten Jahre beschäftigt, mit Spendengeldern sukzessive die Kriegsruine des dortigen Schlosses wieder aufzubauen. Ebenso wie die Altstadtfreunde Nürnberg beim schmucken Pellerhof, der nach dem Krieg nur zur Hälfte wiederhergestellt worden war. Während in Dresden schrittweise der barocke Neumarkt um die Frauenkirche von Investoren komplettiert wird, ist man in Frankfurt am Main dabei, ein ganzes Altstadtareal zwischen Dom und Römer-Rathaus zu rekonstruieren, inklusive mehrerer Fachwerkhäuser.
In all diesen Städten und einigen hier nicht genannten Orten haben privates Engagement und bürgerschaftliche Initiativen dazu beigetragen, den von Krieg und moderner Architektur gezeichneten Plätzen wieder mehr geschichtliche Tiefe und kulturelle Identität zu vermitteln. Die wiederhergestellten Einzelgebäude und Ensembles dürften sich zudem auch hinsichtlich der Steigerung der touristischen Attraktivität der Region längerfristig finanziell auszahlen.
Es bleibt zu hoffen, daß sie noch fertiggestellt werden können, bis die Euro- und Finanzkrise Deutschland spürbar in ihre Krallen bekommt. Was danach kommt, ist ohnehin ungewiß. Kulturelles Selbstbewußtsein aber, das sich auch in städtischen Symbolen manifestiert, kann nicht bei dem Versuch schaden, diese Krise und ihre Gefahren zu meistern.