Seit Wochen hält die Kontroverse um die Vergabe der „Pille danach“ durch katholische Krankenhäuser an. Anstoß zur Debatte gab die Nachricht, eine mutmaßlich vergewaltigte Frau sei von zwei katholischen Krankenhäusern in Köln zurückgewiesen worden, weil man ihr nicht die „Pille danach“ hätte geben wollen.
Es stellte sich heraus, daß die Sachlage ganz anders gewesen ist, wie Anfangs vermutet. Dennoch war der Vorfall für viele Medien und Politiker ein willkommener Anlaß, um gegen die katholische Kirche und ihre Sexualmoral in heftiger und gemeiner – manchmal sogar haßerfüllter – Form zu polemisieren.
Viele Medien konnten mal wieder die katholische Kirche als eine unbarmherzige Institution darstellen, der Dogmen und versteinerte Traditionen wichtiger seien als die Menschen. Eine vergewaltigte Frau soll eben selber zusehen, wo sie Hilfe bekommt, so die verzerrte Berichterstattung. Die katholische Kirche sei für solche menschlichen Schicksale nicht zuständig, sondern nur für die „reine Lehre“.
Religionsfreiheit interessiert nicht mehr
Die neueste Stellungnahme von Kardinal Meisner zur „Pille danach“ – widersprüchlich und verwirrend – wird kaum dauerhafte Ruhe in die Angelegenheit bringen. Ganz im Gegenteil: Sie ist geradezu eine Einladung, die katholische Kirche weiterhin anzugreifen.
Dabei ist die Sache eigentlich recht klar: Die „Pille danach“ soll eine Schwangerschaft verhindern, ist also ein Verhütungsmittel. Diese sind nach katholischer Morallehre aber nicht zulässig, was hinlänglich bekannt sein sollte. Zudem kann in manchen Fällen die „Pille danach“ eine Abtreibung bewirken. Das bedeutet, daß bei ihrer Einnahme „im allgemeinen die Vorsätzlichkeit zur Abtreibung vorhanden ist“ (vgl. Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre „Dignitas personae“ vom 8. September 2008).
Die Vergabe eines Mittels, das eine Abtreibung provozieren kann, ist also für eine katholische Einrichtung (die das „Katholische“ noch ernst nimmt) völlig ausgeschlossen. Die geltende Rechtsprechung respektiert in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz dies auch und zwingt katholische Spitäler nicht, das Präparat zu verabreichen, genauso wenig wie sie beispielsweise gezwungen sind, Abtreibungen durchzuführen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Praxis jahrzehntelang von einem gesellschaftlichen Konsens getragen.
Die katholische Kirche soll sich der weltlichen Macht fügen
Doch immer mehr Medien und Politiker interessieren sich inzwischen nicht mehr für die Religionsfreiheit und für die Rechte der Kirchen und machen jedes Mal Stimmung, wenn die katholische Kirche und ihre Einrichtungen entgegen der modernen Lebenseinstellung, der zivilen Moral und der „Political Correctness“ handeln.
Wenn ein katholisches Krankenhaus die „Pille danach“ nicht vergibt, wenn eine katholische Schule einem Lehrer, der eine „gleichgeschlechtliche Partnerschaft“ abschließt, kündigt oder wenn sie sich weigert, eine liberale Sicht der Sexualität zu lehren, beginnt sofort ein lautstarker Angriff auf die katholische Kirche und ihre Moral. Einige Stimmen gehen inmitten dieser Empörungsaufwallungen so weit, ein Ende der Kirchensteuer und eine Streichung jeglicher Zahlung an katholische Krankenhäuser, Schulen oder Kindergärten zu fordern.
Das Ziel ist klar: Die katholische Kirche soll sich der weltlichen Macht fügen. Sie soll etwa so werden, wie die „Patriotische Kirche“ in China oder die „Kirche im Sozialismus“ in der ehemaligen DDR.
Klima der Intoleranz
Viele Medien und Politiker wollen ihr jedenfalls keine Autonomie und Eigenständigkeit gewähren, und deshalb wird sie öffentlich mit allen Mitteln der modernen Medien bekämpft. Insbesondere wird ihr jegliche moralische Autorität abgestritten, denn sie sei für die Menschen und ihre wahren Bedürfnisse und Sorgen indifferent. Auf diese Weise soll ein Klima der Intoleranz gegenüber den katholischen Positionen entstehen.
Durch diesen permanenten Druck auf die Katholiken erhofft man sich wohl eine völlige Gleichschaltung mit dem Relativismus der modernen laizistischen Welt. Die kommunistischen Regime des Ostblocks haben sich nicht viel anders verhalten. Auch diese haben die Kirche als Feindin des Fortschritts und des Volkes dargestellt, um die nötige Stimmung für eine Verfolgung zu fabrizieren.
Lebensrechtler spüren heute schon diese aggressive Stimmung. Nicht nur, daß so gut wie alle ihre öffentlichen Veranstaltungen von Linksradikalen gestört werden. Von vielen Medien werden sie fast als kriminell dargestellt. Selbst die Frankfurter Allgemeine Zeitung betitelte am 24. Januar 2013 einen ihrer Artikel über den Vergewaltigungsfall in Köln mit „Die zweifelhaften Methoden der Lebensschützer“.
Bischöfe reagieren oft halbherzig
Auf diese Attacken reagieren die deutschen Bischöfe oft halbherzig und versuchen, Verständnis bei den liberalen und antikatholischen Medien zu finden. Vergeblich, denn diese Strategie des Dialogs funktioniert spätestens seit 2010 und dem Mißbrauchsskandal nicht mehr. Damals wurde allzu deutlich, wie man anhand einer systematisch inszenierten „moralischen Panikmache“ (moral panic) versuchte, das öffentliche Ansehen der katholischen Kirche zu demolieren. Seitdem gilt es, auf Papst und Kirche einzudreschen, was das Zeug hält.
Auf diesen Angriff wäre vielmehr die entschlossene Verkündigung der katholischen Lehre über Ehe, Familie und Sexualität angemessen. Die deutschen Bischöfe müßten sich bemühen, die Menschen von der Wahrheit zu überzeugen und sie auf ihre Seite zu ziehen. Es ist zu hoffen, daß sich die Katholiken Deutschlands auf diese neuen Bedingungen einstellen und sich nicht weiterhin in die Defensive drängen lassen.