Die Säkularisierung brachte es mit sich, daß Bereiche, die zuvor selbstverständlich der Kirche zugerechnet wurden, nun als ausgelagerte Institutionen ihr Dasein gefunden haben. Aus Sicht der Aufklärung ist das natürlich ein Fortschritt gegenüber der heuchlerischen Frömmigkeit eines korrupten Klerus, der diese Bereiche zur eigenen Machtsicherung mißbraucht habe. Unbarmherzig und voller Bigotterie sei er gegen diejenigen vorgegangen, die sich als „Ungläubige“ nicht diesem Machtanspruch beugten.
Erst die Aufklärung habe in einem langen und harten Kampf den Machtanspruch der Kirche zurückgedrängt und so den einzelnen jenen Freiraum errungen, den wir heute zur Entfaltung unserer individuellen Lebensentwürfe nutzen können. So oder so ähnlich rühmt man heute die glorreichen Taten der Aufklärung. Die Sache hat allerdings einen Haken. Denn indem man möglicherweise durchaus problematische Einrichtungen, die vorher der Kirche zugehörig waren, übernimmt, macht man sie dadurch nicht unbedingt besser.
Dazu gehört auch das Instrument der Inquisition. Was ist die Inquisition ihrer allgemeinen Funktion nach? Zunächst ist sie nichts anderes als ein Verfahren, welches feststellen soll, ob eine bestimmte Meinung im Einklang mit der gültigen Lehre steht. Stellt sie hier einen Verstoß fest, bietet sie bei geringeren Vergehen die Möglichkeit zur Reue und Umkehr. Zeigt sich der Anhänger einer häretischen Meinung jedoch verstockt, kommt es zu Gegenmaßnahmen, die zügig auf die Vernichtung des Häretikers hinarbeiten.
Radikaler Eigennutz hinter der Fassade der Frömmigkeit
Den weltlichen Institutionen enthoben thront hier ein Gericht, in dem Ankläger und Richter auftreten, aber keiner die Verteidigung wagen darf, da er sich sonst selbst der Häresie verdächtig und damit für Rivalen angreifbar machen würde. Solchermaßen enthemmt tobt ein Vernichtungswille, eine Welle der Vernichtung, die alle menschlichen Schwächen und Gemeinheiten, den radikalen Eigennutz hinter der Fassade der Frömmigkeit, zu einem ad gloriam Deo umdeutet.
Dieses Kind der katholischen Kirche, es ist nicht mit der Säkularisierung und Religionsfreiheit untergegangen. Die Inquisition ist nicht verschwunden, sondern sie ist nur erwachsen geworden und führt nun ihr eigenes, verweltlichtes Leben. Und wie so viele andere ehemalige Katholiken noch, wandelte sie sich in ihrem Lebensgang vom frommen Parteigänger zum erbitterten Feind der eigenen Mutter. Und wenn sie auch auf rustikale Methoden verzichtet, wird sie dadurch nicht unbedingt besser.
Was für ein furchtbares Verbrechen hat eigentlich der Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, begangen, daß ihm ein solch gewaltiger, öffentlicher Haß entgegenschlägt? „Wir bekommen täglich Morddrohungen. Per Telefon oder in Briefen“, berichtet der Ehemann seiner Schwester gegenüber der Bunten. „Mein Schwager liegt doch schon am Boden. Aber man will ihn noch weiter vernichten. Und seine Familie dazu. Am liebsten würden wir alles hinwerfen und Deutschland verlassen.“
Deutsche Medien sorgen sich um katholisches Geld
Nun, ein neuer Gebäudekomplex, der fünf Millionen Euro kosten sollte, wird wohl mit über dreißig Millionen Euro zu Buche schlagen. Eine Meldung, der man zugetraut hätte, vielleicht in einem katholischen Vereinsblatt zu Vorwürfen der Verschwendung bis hin zu Rücktrittsforderungen provoziert zu haben. Offensichtlich sind in diesen Wochen alle deutsche Medien zu katholischen Vereinsblättern geworden, die sich darum sorgen, was Katholiken in einer katholischen Gemeinde mit katholischem Geld machen.
Nun, ein anderer Gebäudekomplex, der rund zweieinhalb Milliarden Euro kosten sollte, wird wohl mit über fünf Milliarden Euro zu Buche schlagen. Sollte er mal fertig sein. So genau weiß man das nicht. Was man aber weiß, ist, daß für diese Verschwendung von öffentlichen Mitteln Berlins Oberbürgermeister Klaus Wowereit verantwortlich ist. Über ihn und seine Schamlosigkeit, jetzt erneut die Bauaufsicht über das völlig mißratene Flughafenprojekt zu übernehmen, regt sich aber kaum einer auf.
Was ist der Unterschied zwischen Tebartz-van Elst und Wowereit? Ersterer hat einmal – im Einklang mit der katholischen Lehre – einen ihm untergegebenen Pfarrer gemaßregelt. Dieser hatte nämlich ein schwules Männerpaar gesegnet, dem die säkulare Eintragung nicht ausreichte. Letzterer hat dagegen öffentlich bekundet: „Ich bin schwul – und das ist gut so!“ Damit ist er ein aufrechter Verteidiger des Glaubens, den man nicht kritisieren darf, jener aber ein Ungläubiger, den es zu vernichten gilt.