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Spruchkammer 2012

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Das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) teilte diese Woche in einer Pressemitteilung zur Geschichte des Bundes der Vertriebenen (BdV) folgendes mit:

„Umfassende Recherchen, die neben zahlreichen deutschen auch osteuropäische Archive einbezogen, förderten ein deutliches Ergebnis zu Tage: Unter den 13 Funktionären müssen volle zwei Drittel durch Mitgliedschaften in der NSDAP oder der SS als belastet eingestuft werden.“

Die Recherchen, die diesem Ergebnis zugrunde lagen, wurden vom Bundesinnenministerium mit einhunderttausend Euro finanziert. Sie betreffen das Präsidium des Bundes der Vertriebenen aus dem Jahr 1958.

Vollzugsorgan alliierter Geschichtspolitik

Schon länger konnte man gelegentlich den Eindruck haben, im Institut für Zeitgeschichte seien Tendenzen wirksam, das Institut sukzessive zu einer Art Vollzugsorgan alliierter Geschichtspolitik werden zu lassen, wie sie Ende der vierziger Jahre projektiert worden war, aber dann durch den unerwartet starken Einbruch gesunden Menschenverstands (szenebekannt als: „restaurative Adenauer-Ära“) verhindert wurde. Die neue Entwicklung betraf Inhalt wie Diktion.

Ein schönes Beispiel lieferte der langjährige Mitarbeiter Christian Hartmann, derzeit Projektleiter der wissenschaftlichen Edition von Hitlers „Mein Kampf“. Er führte vor Jahren den Begriff der „verbrecherischen Kollaboration“ in die Debatte ein. Gemeint war die Zusammenarbeit der sowjetischen Zivilbevölkerung mit den deutschen Besatzungsbehörden. Rein sprachlich kann man sich kaum noch stärker mit dem Stalinismus als der gerechten Sache identifizieren.

Nun müssen also Funktionäre „als belastet eingestuft werden“, heißt es in allerbestem Spruchkammerdeutsch. Man erinnert sich: Das alliierte Kontrollratsgesetz Nr. 104 zur „Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“ vom 5. März 1946 sah verschiedene Stufen der NS-Belastung vor, die von deutschen Laienrichtern festzustellen waren. Alliierterseits behielt man sich allerdings vor, unerwünschte Urteile zu korrigieren.

Pose des von der Besatzungsmacht eingesetzten Laienrichters

Wer belastet war, mußte wenigstens mit Berufsverbot rechnen, oft auch mit Schlimmerem. In der Tat findet es die Pressemitteilung des IfZ denn auch bedenklich, daß diese „Männer im Nachkriegsdeutschland hochrangige Funktionärsämter bekleiden“ konnten. Man nimmt also auch zu diesem Punkt die Pose des von der Besatzungsmacht eingesetzten Laienrichters ein.

Um was geht es eigentlich? Warum und für wen sind die Funktionäre des BdV aus den Fünfzigern heute so interessant? Darüber diskutieren in:

München, 26. November, Institut für Zeitgeschichte, 19 Uhr:

Prof. Dr. Martin Schulze Wessel, München

Prof. Dr. Matthias Stickler, Würzburg

Prof. Dr. Krzysztof Ruchniewicz, Wroclaw (auch bekannt als: Breslau, d. Verf.)

Prof. Dr. Michael Schwartz, Institut für Zeitgeschichte, Abteilung Berlin

Moderation: Prof. Dr. Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für   Zeitgeschichte

Wenn sie sich um eine Einladung bemühen wollen, wenden Sie sich an die Stelle für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation am:

Institut für Zeitgeschichte

Leonrodstraße 46b

80636 München

089/12688-150

Es geht um das namhafte Menschheitsverbrechen

Aber das müssen Sie natürlich nicht. Der Ablauf der Debatte läßt sich problemlos voraussagen. Letztlich geht es um die Diskreditierung der Vertriebenenverbände samt ihrer heutigen Vorsitzenden (eine zweite Debattenrunde bezieht auch Erika Steinbach mit ein) und ihres Anliegens als verkapptes und inakzeptables NS-Überbleibsel. Im Hintergrund steht nichts anderes als der große Skandal der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Es geht um das namhafte Menschheitsverbrechen, das 1945 und danach an Deutschen begangen wurde, um Vertreibung von Millionen, um Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Zwangsarbeit, Enteignung und andere Kapitalverbrechen in Millionenzahl, die von der Bundesrepublik bis heute nicht juristisch aufgearbeitet wurden.

Um eine solche Aufarbeitung im Sinn der Menschenrechte und des Grundgesetzes (das diesem deutschen Staat keineswegs freistellt, ob er einen Mord verfolgt oder nicht) zu erreichen, haben sich nun also im BdV-Vorstand des Jahres 1958 anscheinend vorwiegend ehemalige NSDAP-Mitglieder engagiert. Dagegen hat sich damals und bis heute niemand aus der Staatsführung der Bundesrepublik dafür engagiert, ganz im Gegenteil. Statt dessen subventioniert man die Wiederkehr der Spruchkammer.

Über wen sagt das eigentlich genau – was?

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