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Weißmann, Reich, Republik, Nachkriegsrechte

Der Welt-Journalist Gideon Böss hatte es den „Mohammed-Moment für Prenzelberger“ genannt, als ein Café-Besitzer einen Poller in seine Tür stellte, damit keine störenden Kinderwagen mehr durchkommen. Natürlich haben sich die als „Latte-Macchiato-Mütter“ verunglimpften Kinderwagenbesitzerinnen öffentlichkeitswirksam darüber echauffiert, anstatt einfach – den Gesetzen der Marktwirtschaft folgend – ein anderes Lokal aufzusuchen.

Bis vor einigen Tagen hatten auch einige Soldaten der Bundeswehr, ihre Angehörigen, Freunde und Sympathisanten ihren persönlichen „Mohammed-Moment“: Joachim Witt, der seit knapp 30 Jahren Musik macht und dabei einige Höhen und Tiefen durchlebte, ließ zu einem Lied seines neuen Albums ein Video drehen, in dem Bundeswehr-Soldaten im Einsatz eine Frau vergewaltigen.

Doch anstatt den Kopf zu schütteln und einfach – den Gesetzen der Marktwirtschaft folgend – das Album links liegen zu lassen, ist für knapp zwei Wochen ein beachtlicher „Shitstorm“ aufgezogen, in dessen Wirbel einige Kommentatoren, allen voran bei Youtube und dem nicht anonymen Facebook, offensichtlich die Nerven verloren haben. Die Darstellung von vergewaltigenden Soldaten unterliege nicht der Kunstfreiheit, einige Kommentatoren drohen ihm mal mehr, mal weniger verschlüsselt Gewalt an.

Darstellung meilenweit an der Realität vorbei

Dazu muss man sagen: Doch, dieses Video ist eindeutig von der Kunstfreiheit geschützt. Und: Nein, weder Gewalt und ihre Androhung noch Beleidigungen sind adäquate Reaktionen auf dieses Video. Außerdem: Wem wird diese kostenlose Werbe-Kampagne wohl am meisten genützt haben? Und es geht weiter: Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien prüft derzeit, ob das Video auf den Index muß – auf Antrag des Familienministeriums. Joachim Witt meint dazu, daß ihm das „sch…egal“ wäre, und das kann es auch sein, weil der Trubel nur in seinem Sinne war.

Einerseits ist es sehr erfreulich, daß sich so viele Menschen über die Darstellung von Vergewaltigern in Flecktarn empören. Andererseits dürfen sie nicht erwarten, wieder zu einem Teil der deutschen Öffentlichkeit und gleichzeitig in jeder Hinsicht geschont zu werden. Außerdem können deutsche Soldaten sowie ihre Angehörigen und Freunde gelassen auf diese Darstellung reagieren, weil sie eben meilenweit an der Realität vorbeigeht. Letztlich ist es doch die Aufgabe der Bundeswehr, auch solche Freiheiten zu schützen, von der Joachim Witt Gebrauch gemacht hat.

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