Jetzt sucht die Bundeswehr also einen Interkulturellen Einsatzberater für Auslandseinsätze, dessen Aufgabe das „federführende Bearbeiten von Genderaspekten in den Einsatzgebieten“ sein wird. Nun ist es tatsächlich so, daß die seriöse Erforschung der Geschlechterdifferenzen einen wissenschaftlichen Mehrwert haben kann.
Auch die These vom Unterschied zwischen biologischem („sex“) und sozialem („gender“) Geschlecht ist als sozialwissenschaftliches Denkmodell interessant, wenn es denn nicht „Form und Funktion ideologischer Propaganda“ annimmt, wie Peter Weingart es in einem klugem Essay mit Bezug auf die Klimaforschung formulierte.
Die Interkulturelle Einsatzberatung für die Bundeswehr wird von Fachleuten durchgeführt, die sich wissenschaftlich mit dem Einsatzgebiet befaßt haben, was sehr wertvoll sein kann: Schließlich umfaßt ein Kampf gegen irreguläre Kräfte ja nicht nur militärische, sondern auch lokal- und regionalpolitische Aspekte.
Frage nach „sozialem Geschlecht“ im Einsatzgebiet geklärt
Es ist allerdings fraglich, welchen Mehrwert die Untersuchung „des Genders“, wie es in der Stellenausschreibung so schön heißt, für militärische Einsätze haben soll. Die Frage nach dem „sozialen Geschlecht“ dürfte in den Regionen, wo die Bundeswehr zum Einsatz kommt, weitgehend geklärt sein.
Und selbst, wenn die Rollen nicht ganz so klar verteilt wären, wie zum Beispiel eine afghanische Großfamilie es nach außen vorgibt, dann hätten interne Feinheiten für das Verhältnis zwischen ausländischen Soldaten und einheimischen Familien keine Relevanz.
Auch der nächste Punkt in der Aufgabenbeschreibung ist interessant und ähnlich unverständlich: „Umsetzen der Gender-Aspekte in Einsatzgebieten“. Ob der Interkulturelle Einsatzberater wohl durchsetzen soll, daß Berichte „geschlechterdifferenziert und gleichstellungsorientiert“ geschrieben werden, und daß „versteckte Benachteiligungen, Beteiligungsdefizite und ungewollte Verfestigungen tradierter Rollenmuster“ verhindert werden?
Gleichstellungskompetenz ist überflüssig
Was auch immer das in der Praxis heißen soll, hier werden Ideen des „Gender Mainstreamings“ auf Bereiche übertragen, zu denen diese Vorstellungen nicht passen. Weder die an Zweckmäßigkeiten orientierte Armee, noch die archaische Gesellschaft eines Einsatzgebietes braucht deutsche Gleichstellungskompetenz.
Die praktischen Folgen für die Soldaten vor Ort sind absehbar: Die Bürokratie erschwert das militärische Handwerk, schriftliche Befehle werden vielleicht um den Punkt „Gender“ erweitert, die Interessen des Gender-Experten erfordern eine umfassendere Berichterstattung. Und am Ende wird schriftlich gelogen, bis sich die Balken biegen, damit die Papierlage stimmt und ideologisch korrekt ist. Kostet Zeit und bringt nichts.
Gender-Aspekte vs. Interkulturelle Kompetenz
Und das wären wohl noch die geringsten Probleme: Ein Feature der Nachrichten-Agentur Reuters gibt ein unfreiwilliges, aber wenig überraschendes Beispiel dafür, daß „Gender-Aspekte“ und Interkulturelle Kompetenz sich radikal widersprechen können. Es beschreibt die durchaus sinnvolle Ausbildung von Soldatinnen, die Frauen in Burkas durchsuchen sollen. Klar, daß männliche Soldaten hierfür nur in Notfällen in Frage kommen. Gegen Ende des Berichts wird dann folgender Ausbildungsabschnitt beschrieben:
„Ein paar Schritte weiter ringen die Soldatinnen bereits mit ihrem nächsten Fall: Ein Afghane hat seine Frau auf offener Straße zu Boden geworfen und beschimpft sie, die Frau kauert sichtlich verschreckt im Staub. Doch in Fällen häuslicher Gewalt dürfen sich die FET-Teams eigentlich nicht einmischen. […]Die Anführerin der Soldatinnen wirkt auf den Mann ein und überredet ihn schließlich, seiner Frau einen Nähkurs zu erlauben – eine Geldquelle für die Familie und ein wenig Freiheit für die Frau.“
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