„Wir. Dienen. Deutschland.“ ist das neue Leitmotto der Bundeswehr. Damit sollen junge Männer und Frauen begeistert werden, sich freiwillig für den Dienst bei den Streitkräften zu melden, denn seit dem ersten Juli gibt es ja in Deutschland keine Wehrpflicht mehr. Laut dem Bundesverteidigungsministerium steht die Kernbotschaft „für das Selbstverständnis und das Verantwortungsbewußtsein, mit dem die Angehörigen der Bundeswehr ihren Dienst versehen und Deutschland dienen“.
Nun, Verantwortungsbewußt oder nicht, das neue Leitmotto soll vor allem modern und offen klingen – eben nicht streng, militärisch oder altbacken. Und das tut er auch, dafür wird durch geschickte Interpunktion gesorgt: Die Punkte zwischen den Worten sollen offenbar verdeutlichen, daß der Inhalt jedes Wortes vom Leser individuell reflektiert und bloß nicht einfach hingenommen werden soll. Ein Satz, der aus einzelnen, selbständigen Teilen besteht, symbolisiert natürlich die moderne Bundeswehr, bei der sich der Soldat kaum noch einreihen muß. Im Gegenteil wird dort heute ja seine Einzigartigkeit und Individualität gefeiert.
Wer etwas Patriotisches erwartet, wird bitter enttäuscht
In der neuen Ausgabe der Bundeswehr-Zeitschrift aktuell werden die einzelnen Worte der Kernbotschaft erklärt. Doch wer bei dem Satz „Wir. Dienen. Deutschland.“ nur ansatzweise etwas patriotisches erwartete, wird bitter enttäuscht. Das Wort „Wir“ definiert die Bundeswehr nämlich so: „Wir sind Töchter und Söhne, Mütter und Väter, Freunde und Nachbarn. Wir engagieren uns in Vereinen, Kirchen und Verbänden, in unserer Gesellschaft – wie viele andere auch. (…) Wir sind ein Team.“
Ich frage mich übrigens, ob ich denn auch zum „Wir“ dazugehören könnte, wenn ich wollte. Ich bin doch auch Tochter, Mutter, Freundin und Nachbarin. Ich engagiere mich doch auch und bin sogar teamfähig. Demnach steht meiner Bundeswehrkarriere offenbar nichts im Wege. Schließlich heißt es ja an keiner Stelle, daß „Wir“ irgend etwas mit Nationalität, Staatsangehörigkeit oder Geschlecht zu tun hätte – eine Tatsache, die mich als Ausländerin berechtigterweise von einem deutschen „Wir“ ausgrenzen würde.
Zurück zur aktuell: Bei dem Wort „Dienen“ werden die Erläuterungen nicht gerade besser. Dort heißt es: „Wir dienen einer guten Sache, unserer Verfassung – freiwillig und überzeugt. (…) Wir dienen für die Achtung der Menschenrechte – klug und ehrenvoll. Wir dienen für ein selbstbestimmtes und freies Leben – individuell und kreativ.“
„Deutschland ist bunt und vielfältig“
Alles ganz schön schwammig. Wie wäre es dagegen mit etwas Handfestem, etwa mit: „Wir schwören, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr uns Gott helfe“? Aber die Zeiten sind wohl endgültig vorbei.
Ja, sie sind vorbei, das zeigt die Art, wie Deutschland in der aktuell definiert wird: „Deutschland ist einzigartig und lebendig. Deutschland ist bunt und vielfältig. Deutschland ist innovativ und stark. (…) Darum dienen wir für Einigkeit und Recht und Freiheit und übernehmen Verantwortung in Europa und der Welt.“
Gekrönt wird das Ganze von ein paar Soldaten, die bekennen, warum sie sich für eine Karriere bei der Bundeswehr entschieden haben, wie zum Beispiel Major Rainer Braun vom Luftwaffenführungskommando in Köln, der sagt: „Ich diene Deutschland, weil wir für Werte und Normen eintreten, die in einem Jahrhunderte dauernden Prozeß errungen wurden. Dieses tun wir als Kavalier und Beschützer mit interkultureller Kompetenz, um als ‘Friedenswächter’ die gemeinschaftliche Zukunft zu sichern.“ Und Oberstarzt Peter Zimmermann vom Bundeswehrkrankenhaus Berlin meint: „Ich diene Deutschland, weil Deutschland für Werte steht, die einzigartig sind, wie zum Beispiel Toleranz, Verläßlichkeit und Gemeinschaft.“