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„Land Grabbing“

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Innerhalb des globalisierten Kapitalismus hat sich in den letzten Jahren ein Investitionsfeld etabliert, dessen Motive und Konsequenzen vieles über den eigentlichen Charakter der weltweiten Allesvernutzung im Namen von Profit und Rendite verrät. Gemeint ist das „Land Grabbing“, auf gut deutsch: das „Land-an-sich-reißen“. Hauptakteure sind die von der kanadischen Journalistin Naomi Klein so bezeichneten „Katastrophenkapitalisten“, die in Gestalt von Investmentfonds, aber auch als Staaten – zum Beispiel einige Golfstaaten oder China –, Millionen Hektar von Ackerland in Afrika, Asien oder Lateinamerika aufkaufen oder pachten.

Was mit diesen Böden geschieht, zeigt das Beispiel eines niederländischen Investors, über den der freie TV- und Hörfunkjournalist Christian Büser im Ö1-Club-Magazin (Nr. 182, 2/2011) berichtet. Er betreibt in Äthiopien eine Hightech-Farm, auf der Salate, Zucchini, Spargel, Tomaten und viele andere Gemüsesorten angebaut werden. Woche für Woche werden hier, so Büser, rund 180 Tonnen Gemüse geerntet, und zwar das ganze Jahr hindurch. Kunden seien unter anderem 5-Sterne-Hotels in Dubai, Katar und Saudi-Arabien.

Ein hochprofitables Geschäft, mit dem rund 800.000 US-Dollar pro Monat erwirtschaftet werden – in einem Land, mit dem vor allem eines assoziiert wird, nämlich Hunger. Hier aktive Investoren sind der Meinung, für alle Beteiligten entstehe eine „Win-Win-Situation“; sie brächten die Devisen, mit denen die Regierung Weizen für die Hungernden kaufen könne. Dafür werden zunehmend auch Urwälder abgeholzt, um Platz für weitere Agrarinvestitionen zu schaffen.

Die Projektliste wird immer länger

Die äthiopische Regierung habe, so berichtete die Ethnologin Joan Baxter in einem Beitrag für die Druckausgabe der deutschsprachigen Ausgabe von Le Monde diplomatique (15. Januar 2010) bereits 600.000 Hektar verpachtet und suche Investoren für weitere drei Millionen Hektar, „auf denen riesige – und sehr wasserintensive – Plantagen für Exportprodukte entstehen sollen“.

Äthiopien ist kein Einzelfall, berichtet Baxter doch von ähnlichen Projekten zum Beispiel in Sierra Leone – das unter anderem von dem britischen Ex-Premier Tony Blair und von der von ihm gegründeten African Governance Initiative (AGI) als „Investitionsobjekt“ angepriesen wird – oder dem Kongo. „Die Liste solcher Projekte in Afrika“, so Baxter, „wird ständig länger“.

Zugriff auf Wasserressourcen

Joan Baxter weist darauf hin, daß die hier entstehenden bzw. entstandenen Monokulturen „gigantische Mengen an Pestiziden, Herbiziden und Kunstdünger [erfordern], der aus fossilem Brennstoff gewonnen wird, sowie den Einsatz von Maschinen, die einen hohen Verbrauch an fossilen Brennstoffen und Wasser haben“.

Deshalb spricht das International Institute for Sustainable Development (IISD) auch davon, daß „Land Grabbing“ in Wahrheit ein „Water Grabbing“ sei, also ein Zugriff auf die Wasserressourcen. Hinzuzufügen ist, daß diese Form monokultureller Bewirtschaftung über kurz oder lang auch zur Zerstörung der Nährböden führt.

Vertreibung der Bewohner

In korrupten Regimen kann „Land Grabbing“ mit der Vertreibung der Bewohner, die begehrtes Agrarland bewohnen, verbunden sein. Büser berichtet zum Beispiel aus Kambodscha, daß sich thailändische Investoren zusammen mit einem korrupten einheimischen Politiker unter Unterstützung der Polizei gewaltsam 20.000 Hektar Ackerland aneigneten.

Hunderte Familien wurden vertrieben, Hütten mit Planierraupen zerstört. Die „Investoren“ hätten mittlerweile die erste Lieferung Zucker nach Großbritannien verkauft. Irgendwelche EU-Auflagen stehen dem nicht entgegen, schließlich hat die EU Kambodscha „besondere Handelsprivilegien“ gewährt.

Verknappung von Agrarland

Ein Grund, warum Agrarland in den Radar von Investmentfonds geraten ist, ist die zunehmende Pro-Kopf-Verknappung von Agrarland in den letzten 20 Jahren. Ein Trend, der anhalten wird und unter anderem dazu führt, daß sich die Lebensmittel laufend verteuern. Für Investoren stehen also satte Renditen in Aussicht. Zu diesen Investoren zählt zum Beispiel der New Yorker Investmentfonds Jarch Capital, der laut Joan Baxter im Süden des Sudan mit dem Sohn des „Warlords“ Paulino Matip einen Pachtvertrag über 400.000 Hektar Land abgeschlossen hat. Oder Susan Payne, Ex-Chefin von Goldman Sachs und Gründerin von Emergent Assets Management, das unter anderem einen „African Land Fund“ betreibt.

Wer sich über dieses Thema weiter informieren möchte: Der oben bereits angesprochene Christian Büser hat zum Thema „Land Grabbing“ ein Feature („Die globale Jagd nach Ackerland“) erstellt, das in diesem Monat sowohl im Österreichischen Rundfunk (Ö1, 26. Feb., 9:05/28. Feb., 16:00 Uhr) als auch im Deutschlandradio (22. Feb., 19:15 Uhr) zu hören ist.

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