Nur eine Handvoll Insider und Experten verstet überhaupt, worum es bei der Gesundheitsreform geht. Hat jemand diese vielen „Reformen“ mal durchnumeriert? Wir müßten inzwischen ungefähr bei der 170. angekommen sein.
Gesundheitsminister Phillipp Rösler wolle den Pharmakonzernen an den Kragen – so lautet die weitverbreitete Interpretation des aktuellen Geschehens. Tatsache ist, daß die Pillendreher uns bis aufs Hemd ausziehen. Die Kosten für Medikamente sind in Deutschland seit dem Jahr 2000 um über fünfzig Prozent gestiegen. Und auch wenn wir in einer alternden Gesellschaft leben, sind diese Kostensteigerungen doch weit höher, als es durch die Zunahme der „Alten und Gebrechlichen“ gerechtfertigt wäre. Außerdem zeigen Vergleiche mit dem Ausland, daß die deutschen Kunden von Pfizer, Glaxo-Smith-Kline, Sanofi-Aventis und Co. mehr zahlen als ihre europäischen Nachbarn.
Wir Deutsche werden (mal wieder) über den Tisch gezogen. Das ganze Herumdoktern an den Symptomen der ständig steigenden Gesundheitskosten hat keinen Zweck, wenn das Problem nicht an den Wurzeln angepackt wird: Was wir brauchen, ist eine marktwirtschaftliche Öffnung des deutschen Gesundheitswesens.
Ich möchte an dieser Stelle kurz innehalten, damit alle linken Leser einmal kurz bei Google nachschauen können, was das eigentlich ist: Marktwirtschaft.
Es müssen wieder die Gesetze von Angebot und Nachfrage gelten
Der Markt ist der Ort, an dem die Preise gemacht werden. Wollen die Kunden ein bestimmtes Produkt erwerben, dann fragen sie nach dem Preis und wägen ab, ob sie nehmen oder nicht. Und wie ist das im Gesundheitssystem? Da wird nicht nach dem Preis gefragt, sondern der Kunde kriegt das Produkt umsonst, muß höchstens eine symbolische Zuzahlung leisten – Alles abgedeckt durch seine Krankenversicherung. Deswegen sind dem Kunden die Preise der Medikamente auch völlig wurst. Und deswegen versteht auch niemand, worum es bei dieser neuesten „Reform“ gehen soll.
Der Gesundheitssystemexperte Carlos A. Gebauer vergleicht das deutsche Gesundheitssystem mit dem KaDeWe. Es funktioniert im Prinzip wie das Berliner Luxuskaufhaus, nur daß die Kunden nicht vorne reingehen, sondern hinten, bei den Kassen. Jeder Kunde liefert dort einen Monatsbeitrag ab, der von seinem Einkommen abhängig ist, und kriegt dafür freien Eintritt. Wer einmal drin ist im KaDeWe, hat freie Auswahl. Der eine stürmt in die Feinkostabteilung, um sich mit Lachs und Kaviar den Bauch vollzuschlagen, der nächste bleibt gleich unten im Erdgeschoß und räumt die Juwelierabteilugen leer.
Dieses Dilemma wird erst beseitigt, wenn hier wieder die Gesetze von Angebot und Nachfrage gelten. Mit anderen Worten: wenn jeder Patient seine Medikamente selbst zahlt. Der Tag, an dem die Kassen keine Medikamente mehr bezahlen, muß nicht das Ende der Solidarität bedeuten. Natürlich wollen wir alle versichert sein gegen die Risiken des Lebens. Hat jemand einen Schlaganfall oder einen Autounfall und liegt wochenlang im Krankenhaus, dann kommen schnell Kosten in fünf- oder sechsstelliger Höhe zusammen. Das kann der normale Privatmann nicht begleichen.
Dafür sollte es eine Versicherung geben. Im Extremfall sollte die Allgemeinheit auch für die Medikamente aufkommen, aber nicht mehr für alle und jeden.
Nicht der Markt legt die Preise fest
Diese „Kostet ja nichts Mentalität“ hat dazu geführt, daß immer mehr Menschen sich wahllos etwas vom Doktor verschreiben lassen, ohne eine Kosten-Nutzen-Abwägung anzustellen. Sie stopfen Pillen in sich hinein, ohne einen Gedanken zu verschwenden. Oder noch schlimmer: Zu Hause vergammeln dann die Präparate in einem Schränkchen, das bei einigen Leuten bereits zur Kommode geworden ist. Die Pharmariesen lachen uns aus. Sie machen den großen Profit, und wir merken noch nicht einmal, wie sie uns ausziehen.
Hier noch mal ein Hinweis für alle Linken, die vorgeben, etwas gegen die „böse Pharmaindustrie“ unternehmen zu wollen: Wenn ihr Unternehmen schaden wollt, dann sorgt für Wettbewerb und gebt die Preise frei. Das seit Jahrzehnten bestehende Konglomerat aus Politik und Pharmalobby hat dies offensichtlich nicht bewirken können, wird es auch in Zukunft nicht können. Zur Zeit werden die Preise nicht vom Markt gemacht, sondern von irgendwelchen „Experten“ festgelegt, von Klüngelrunden aus Bürokraten, den Profitgeiern von der Pharmalobby und Kassenvertretern.
Wenn nicht mehr 80 Experten, sondern 80 Millionen über den Nutzen der Produkte abstimmen würden – die Kosten für uns alle würden sofort sinken. Der Durchschnittshaushalt würde über tausend Euro pro Jahr sparen, käme unterm Strich bei sparsamem Medikamentenkonsum ganz gut dabei weg. Das wäre mein Vorschlag für die Reform Nummer 171.