Für ihren Vorstoß, die Medien zur „kultursensiblen Sprache“ zu verpflichten, hat sich die niedersächsische Ministerin Aygül Özkan viel Tadel anhören müssen. Letztlich mußte sie die „Mediencharta“ zurückziehen, in der zu lesen war: „Die Vertreter der niedersächsischen Medien betonen die Aufgabe, den Integrationsprozess in Niedersachsen zu unterstützen. Sie übernehmen die damit verbundene Verantwortung und erklären: … eine kultursensible Sprache anzuwenden“.
Von der „geschlechtersensiblen“ zur „kultursensiblen“ Sprache
Woher kommt der Ausdruck „kultursensible Sprache“? Özkan hat einer Entwicklung vorgegriffen, die noch nicht so weit gediehen ist, daß ohne größere Widerstände sprachpolizeiliche Maßnahmen ergriffen werden können. Anders verhält es sich beim sogenannten „Gender Mainstreaming“, also bei der systematischen Verdrehung der Geschlechterwahrnehmung. Diese ist inzwischen auf breiter Front auf dem Vormarsch und stellt offenkundig das Vorbild für Özkans Initiative dar.
Die Ideologie der „geschlechtergerechten Sprache“ ist jedoch schon wesentlich weiter entwickelt und fest im Staat verankert. Die „Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien“ (GGO) legt in Paragraph 2 das „Gender Mainstreaming“ als „Leitprinzip“ fest. In den Bundesländern gibt es weitere Vorschriften zur „sprachlichen Gleichbehandlung“, etwa in der GGO für die Berliner Verwaltung. Die Verdrehung der Ausländerwahrnehmung, also gewissermaßen das „Turkey Mainstreaming“, steckt im Vergleich dazu noch in den Kinderschuhen.
In der Bundesrepublik Deutschland ist die Polizeibehörde für „geschlechtersensible Sprache“ am Bundesfamilienministerium angesiedelt. In einer Arbeitshilfe mit dem Titel „Gender Mainstreaming bei der Vorbereitung von Rechtsvorschriften“ gebietet das Ministerium: „Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist durch geschlechtergerechte Sprache zum Ausdruck zu bringen.“
Zur ideologischen Untermauerung finanziert das Ministerium seit dem Jahre 2003 ein „GenderKompetenzZentrum“, das als Forschungsinstitut an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin angesiedelt ist. Als besonderes „Handlungsfeld“ hat das Institut die Sprache ausgemacht: „Eine geschlechtersensible Sprache bedeutet, Frauen und Männer in möglichst spezifischer Form anzusprechen“.
Die Sprache als „Handlungsfeld“ der Umerziehung
Das mit unseren Steuergeldern finanzierte „KompetenzZentrum“ belehrt uns: „Das hierarchische Verhältnis zwischen Männern und Frauen drückt sich in der deutschen Sprache bis heute in der Dominanz männlicher Ausdrucksformen aus.“ Allein Männer galten – dem Institut zufolge – lange Zeit als Maßstab des „allgemein Menschlichen“ – ach so. Wie weit die „geschlechtersensible Sprache“ bereits vorgedrungen ist, verdeutlicht die Dokumentation „Instrumente zur Umsetzung von GM im Handlungsfeld Sprache“ (GM = „Gender Mainstreaming“).
Mit dieser Sammlung bietet das Institut eine Fundgrube für Beispiele sprachpolizeilicher Maßnahmen im Zuge der Umerziehung der Bevölkerung zu geschlechtergerechten Staatsbürgern. Die Berliner Senatsverwaltung will zum Beispiel eine „Gleichheit von Frauen und Männern“ erkannt haben, „die in der Geschichte wie in der Sprache noch relativ neu ist“. Daher soll nicht vom „Beamten“, sondern von „der verbeamteten Dienstkraft“ die Rede sein.
Immerhin bleibt in Berlin die „Ärztekammer“ weiterhin ausdrücklich erlaubt. Auch andere Länder machen Fortschritte. Statt „Der motorisierte Verkehr soll sich auf Anwohner und Anlieger beschränken“ schlägt beispielsweise das Schleswig-Holsteinische Justizministerium vor: „Der motorisierte Verkehr soll sich auf Personen beschränken, die in dieser Straßen [sic!] wohnen oder Grundeigentum haben.“
Die österreichische Regierung schwört aufs Binnen-I
Auch die Schweiz und Österreich haben Sprachregelungen eingeführt. Das österreichische Bildungsministerium rät etwa, statt „Abteilungsvorstand“ lieber „Abteilungsvorständin“ zu sagen, und bricht eine Lanze für das Binnen-I, das „sprachliche Realität“ sei. Hoffen läßt lediglich die Klage des Ministeriums: „Jedoch noch immer wird das Anliegen als unwesentlich bezeichnet oder erbittert bekämpft, umgangen oder auch konsequent ignoriert.“
Selbstverständlich erfüllt auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen die regierungsamtlichen Vorgaben. Der Intendant des ZDF, Markus Schächter, schärft seinen Untergebenen ein: „Sprache … prägt wesentlich das Bewußtsein. In unseren Sendungen haben wir daran ganz besonderen Anteil.“ Schächter empfiehlt seinen Mitarbeitern, nicht von „Zuschauern“ zu sprechen, sondern das Wort „Publikum“ zu verwenden.
Verständliche statt verstellte Sprache
Warum also nicht neben der geschlechtersensiblen auch die ausländersensible Sprache einführen? Es gibt keinen logischen Grund, das eine zu tun und das andere zu unterlassen. Es gibt aber vernünftige Gründe, beides nicht zu machen. Die Sprache sollte nämlich nicht verstellt sein, sondern verständlich sein.
Die Forderung der Vorsitzenden des Niedersächsischen Integrationsrats, Koralia Sekler, geht daher schon eher in die richtige Richtung. Sie fordert eine für Einwanderer verständliche Sprache im Rundfunk. Abkürzungen müßten erläutert werden, Anglizismen sollten unterbleiben. Davon hätten dann nicht nur die Ausländer etwas, sondern auch die Deutschen.