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Es grünt so grün

Es grünt so grün

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Es grünt so grün

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Ein christlicher Bestseller-Autor, der mehr als 300 Bücher geschrieben hat, eine eigene Monatszeitschrift herausgibt und jährlich etwa 200 Vorträge hält, läßt aufhorchen: Der Benediktinerpater Anselm Grün wäre nach Meinung der Zeitung Die Welt gewiß schon Papst, wenn das Kirchenvolk diesen wählen könnte.

Obwohl er nach eigenen Angaben nur vier Stunden wöchentlich mit Schreiben verbringt, hat er in diesem Jahr schon drei Bücher auf den Markt gebracht: im Januar „Das große Buch vom wahren Glück“ und rechtzeitig zur Frankfurter Buchmesse gleich zwei Bücher „Gott, wenn es dich gibt“ und „Gott, Geld und Gewissen“. Die Buchtitel lassen bereits auf den Schwerpunkt seiner Verkündigung schließen. Es geht um Lebenskunst und praktische Ratschläge zum Gelingen des Lebens.

Dabei greift er größtenteils zurück auf die Tiefenpsychologie C. G. Jungs. Bei der Frage, wie der Mensch glücklich wird, betont Pater Grün das Menschliche. Nur peripher streift er dann religiöse Aussagen, wobei sein Umgang mit der Bibel manchmal dem der Zeugen Jehovas nicht unähnlich ist. Aus der großen Fülle greift man ohne Rücksicht auf den Kontext das heraus, was die eigenen Thesen stützt. Alle Aussagen von Gottes Strenge oder vom göttlichen Gericht werden eliminiert.

Wohlfühlreligion pur

Nicht selten greift Anselm Grün, dessen 65. Geburtstag im Frühjahr medienwirksam begangen wurde, auch Weisheitslehren anderer Religionen auf, weshalb schon mancher Kritiker den Vorwurf des Synkretismus erhoben hat. Immerhin wurde Grüns geistlichem Lehrer, dem Benediktiner und Zen-Meister Willigis Jäger, im Jahr 2001 von der römischen Glaubenskongregation ein Rede- und Schreibverbot auferlegt. Kurz darauf verließ Jäger dann sein Kloster.
Pater Anselm Grün, der entgegen benediktinischer Tradition einen Vollbart trägt, ist geschickter im Umgang mit dem römischen Lehramt. Er versucht – auch im Gegensatz zu manchen seiner Mitbrüder – die Konfrontation zu vermeiden.

Wenn er auch den Priesterzölibat infragestellt, das Ausleben homosexueller Neigungen befürwortet oder den Erlösertod Christi relativiert, behält er doch auch hier die für seine Verkündigung typische sanfte Wortwahl bei. Also Wohlfühlreligion pur! Da kann doch niemand etwas dagegen haben!
Die größte Stärke Anselm Grüns liegt dann in seinem betont schlichten Auftreten. Hierdurch gewinnt er die Sympathien der Hörer seiner Vorträge, die fast immer bis auf den letzten Platz ausverkauft sind. Man meint, nicht etwa einem hoch gebildeten Theologen, sondern einem gutmütigen Rentner aus der Nachbarschaft gegenüberzustehen.

Dem Zeitgeist eine Stimme geben

Gelegentlich hat man allerdings den Eindruck, daß Grün sein Markenzeichen „einfach menschlich sein“ zu dick aufträgt, ganz nach dem Motto „Die Demut ist mein ganzer Stolz.“ So weist etwa Grüns Wikipedia-Artikel ausdrücklich darauf hin, daß der Bestseller-Autor persönlich nur 50 Euro im Monat benötigt. Dies müßte für einen Benediktiner, der das Ideal der Armut gelobt hat, eine Selbstverständlichkeit sein.

Unerwähnt bleibt dort, daß Pater Grün als Cellerar (wirtschaftlicher Leiter) seines Klosters durch riskante Spekulationen Beträge in siebenstelliger Höhe verloren hat. Allerdings sind seine Einnahmen aus Büchern und Vorträgen so hoch, daß er dennoch im Kloster hohes Ansehen genießt.

Man darf Anselm Grün getrost den Hauptvertreter einer christlichen Wellness-Religion nennen. So wundert es nicht, daß viele den Weg zu seinen Vorträgen finden, die gewöhnlich nicht den Weg zur Kirche finden. Anselm Grün gibt dem Zeitgeist eine Stimme. Würden kirchliche Ämter „von unten“ besetzt, hätte er tatsächlich die besten Chancen, Bischof oder Papst zu werden. Doch in der katholischen Kirche erfolgen Ernennungen immer noch „von oben“ und oftmals gegen den Zeitgeist. Manch einer mag dies bedauern, mancher begrüßen.

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