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Deutsche Interessen

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Auch auf die Gefahr hin, an dieser Stelle „abgewatscht“ zu werden, möchte ich hier einmal mehr auf die Krise des „Euro-Raums“ zu sprechen kommen, und zwar deshalb, weil ich glaube, daß gewisse Dinge noch nicht hinreichend deutlich geworden sind.

Da ist zum einen die Forderung oder Anregung, Griechenland, am besten zusammen mit anderen mehr oder weniger maroden Staaten des „Club Med“, sollten doch bitte schön den Euro-Raum verlassen. Falls dies nicht geschehe, so eine andere Anregung, müsse eben Deutschland die Konsequenzen ziehen und den Euro-Raum verlassen.

Soweit ich den Artikel 50 des Lissabon-Vertrages verstehe, kann ein Staat zwar freiwillig aus der EU ausscheiden, gleiches gilt aber nicht für den Euro-Raum. Ein derartiges Ausscheiden ist derzeit nach meinem Verständnis dieses Artikels weder freiwillig noch unter Zwang möglich. Eine entsprechende Vertragsänderung, die diesen, nennen wir ihn ruhig Konstruktionsfehler, korrigieren könnte, würde sich nach aller Erfahrung über Jahre hinziehen.

Keine Alternativen zur Finanzhilfe

Akzeptiert man dies als conditio sine qua non, dann verengen sich die Handlungsperspektiven der Regierung Merkel entscheidend. Die Hände einfach in den Schoß zu legen und zuzuschauen, wie der griechische Staat bankrott geht und dabei möglicherweise weitere „Club-Med“-Staaten der Eurozone ansteckt, weil eine aktive Hilfe möglicherweise gegen das Verbot verstößt, für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten der Euro-Zone einzutreten, kann kein erfolgversprechender Weg sein.

Was käme denn nach dem Ende des Euro und dem Zusammenbruch der Währungsunion? Eine Rückkehr zu den nationalen Währungen, als wenn nichts gewesen wäre? Das glaube, wer will. Aus deutscher Sicht muß bei einer derartigen Rückkehr überdies befürchtet werden, daß es mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer ständigen Überbewertung der dann wieder eingeführten nationalen Währung kommen könnte; eine Entwicklung, die kaum im Sinn der deutschen Wirtschaft sein dürfte.

Was das zum Beispiel für deren Wettbewerbsfähigkeit auf den globalisierten Märkten bedeutet, um die sich deutsche Unternehmen in den letzten Jahren vorbildhaft bemüht haben, muß hier nicht eigens durchbuchstabiert werden.

Merkel und die deutschen Interessen

Man kann also das Agieren der Regierung Merkel, und darauf will ich an dieser Stelle hinaus, mit einem gewissen Recht als Handeln im deutschen Interesse deuten. Das heißt im selben Atemzug aber nicht, alle Aspekte dieser Beihilfen gutzuheißen. Wolfgang Münchau, Kolumnist der Financial Times Deutschland, hat in einer Reihe von klugen Kommentaren und Analysen unter anderem auf den Verdacht hingewiesen, daß die vereinbarten Kreditbeihilfen einen „Junior-Status“ haben könnten, das heißt, sie würden im Falle einer Staatspleite Griechenlands zweitrangig behandelt.

Bedient würden zunächst die Besitzer griechischer Staatsanleihen, also vorrangig die Banken. Daß die Finanztransfers möglicherweise auch griechische Milliardärsfamilien begünstigen, die vorher in unverantwortlicher Art und Weise spekuliert haben, wäre in der Tat ein Skandal, der nicht hingenommen werden darf. Münchau weist weiter darauf hin, daß ein Junior-Kredit zumindest teilweise ein Finanztransfer wäre und nach Art. 125 des Lissabon-Vertrages sogar als „illegale Beihilfe“ bewertet werden könnte.

Möglicherweise aber blieb der Regierung Merkel, trifft der Verdacht so zu, aber auch keine andere Wahl, weil sonst die Finanzmärkte nicht mitgespielt hätten, wie Münchau durchblicken läßt. Das Notprogramm für Griechenland würde bei einer anderen Konstruktion möglicherweise seinen Zweck verfehlen.

Unzahl von Parametern

An all dem kann abgelesen werden, mit welcher Unzahl an Parametern heutiges politisches Handeln behaftet ist, von denen wir wohl nur einen Teil kennen. Deshalb halte ich die Charakterisierung der laufenden Bemühungen zur Lösung der Griechenlandkrise als „Zockerei“ von „spielsüchtigen“ „Politspekulanten“, wie es im aktuellen JF-Leitartikel heißt, für eine Komplexitätsreduzierung, die der Dimension der Krise des Euro-Raums, die immer auch im Zusammenhang mit der Krise der Finanzmärkte gesehen werden muß, nicht gerecht wird.

Auch der Blick zurück und das gegenseitige Sich-auf-die-Schultern-klopfen, daß „wir es ja schon immer gewußt haben“, führen nicht weiter. Wir stehen heute vor Herausforderungen, für deren Bewältigung es keinen Königsweg gibt. Hierfür ist der Aufruf, die deutschen Steuerzahler mögen doch „massenhaft auf die Straße gehen“ und dem Vorbild der Griechen folgen, wenig hilfreich. Was, so frage ich mich, wäre damit gewonnen?

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