„Liebe Christinnen und Christen“ tönt es von der Kanzel. Kein Geistlicher würde es wagen, auf die ausdrückliche Nennung des weiblichen Geschlechts zu verzichten. In Schulgottesdiensten werden die „Schülerinnen und Schüler“ angesprochen sowie die „Lehrerinnen und Lehrer“. Das ist geschlechtergerechte Sprache. Wenn der feministische Einfluß so weiter geht, wird man vielleicht sogar in einigen Jahren von „Menschinnen und Menschen“ sprechen müssen.
Die feministische Theologie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten sowohl im evangelischen als auch im katholischen Bereich immer stärker ausgebreitet. Erst vor einem Jahr wurde eine Bibel in gerechter Sprache vorgelegt, die allerdings mehr einseitige Interpretation und Abänderung ist als ehrliche Übersetzung. Für Gott muß abwechselnd ein weibliches und ein männliches Substantiv eingesetzt werden. Neben Jesus Christus tritt Jesa Christa. Die dritte göttliche Person ist die heilige Geistin, was man damit begründet, daß das hebräische Wort für Geist (ruach) weiblich ist.
Natürlich stoßen sich feministische Theologen besonders an dem zentralen Gebet der Christenheit, das auf Jesus selbst zurückreicht. Die Formulierung „Vater unser“ ist in ihren Augen frauenfeindlich und bedarf zumindest einer Ergänzung. „Gott, unser Vater und unsere Mutter“, solle man beten.
Darf die Kirche einfach den Auftrag Christi zurechtbiegen?
Doch darf die Kirche einfach den Auftrag Christi solange zurechtbiegen bis er ihren eigenen Vorstellungen entspricht? Auch wenn Gott in gleicher Weise männliche wie weibliche Eigenschaften zukommen, hat er sich doch bei seiner Menschwerdung als Mann gezeigt.
Doch ich möchte hier einmal einen konstruktiven Vorschlag machen. Das zweitwichtigste Gebet der Katholiken, das „Gegrüßet seist du, Maria“, könnte man wirklich in frauengerechte Sprache übertragen. Die ersten beiden Teile sind dem Lukas-Evangelium entnommen. Hier werden die Worte des Engels Gabriel und die Worte der Elisabeth an Maria wiederholt. Aber der dritte Teil ist eine von Menschen formulierte Bitte.
Da hier kein Schrifttext vorliegt und die Änderung auch nur uns heutige Menschen betrifft, spräche nichts gegen eine Änderung. Man dürfte tatsächlich beten: „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünderinnen und Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes.“ Eigenartig, daß diese Änderung von feministischer Seite noch nicht eingefordert wurde!